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Wissenschaft braucht Platz

Screenshot: Google Earth

Die Ohm-Hochschule und der Cramer-Klett-Park

Augenmaß ist ein wunderbarer Begriff, der einen Abwägungsprozess beschreibt, der nicht nach formalen Vorgaben erfolgt, sondern mit einem Kompromiss unterschiedliche menschliche Interessen verbindet.

Ein Beispiel: Die Stadt Nürnberg braucht nicht nur mehr qualitativ hochwertige Grünflächen, sondern auch Flächen für die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen Landschaft in Nürnberg. Es geht dabei um Arbeitsplätze für die Zukunft. Da bahnt sich wieder einmal ein fundamentaler Konflikt an. Entsiegelung von Flächen in der Stadt ist derzeit ein großes Ziel. Das ist nicht nur ein Wunsch der Bevölkerung, sondern auch eine Notwendigkeit angesichts der Folgen des Klimawandels.

Noch ein Beispiel: Der Keßlerplatz, an dem die Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon (THN) liegt, soll in den nächsten Jahren entsiegelt werden. Statt Parkplätzen wird es eine Grünzone geben. Konflikte mit den Anwohnern sind schon jetzt abzusehen, denn wo sollen sie ihre Autos abstellen? Verkehr oder Grün? Einer von beiden muss zurückstecken.

Grün reden und dabei Beton anrühren

Geschätzt 300 Meter Luftlinie entfernt ist der Konflikt schon seit einigen Jahren da. Zwischen Grün und Weiterentwicklung der THN. Entlang der Hirsvogelstraße gibt es seit 2019 eine Brachfläche, die durch den Abriss zweier Holzhäuser entstanden ist.

Nach dem Zweiten Weltkrieg spendierte Schweden Nürnberg zwei Gebäude, um die Wohnungsnot zu lindern. Unter dem Namen Rädda Barnen wurden die Häuser seit 1951 als Lehrlingsheim genutzt. Zuletzt waren es Spiel- und Jugendhäuser. Nachdem die Schwedenbaracken in die Jahre gekommen waren und eine Sanierung sich nicht mehr rechnete, wurden sie vor vier Jahren abgerissen. Es sollten auf dem Gelände entlang der viel befahrenen Durchgangsstraße Wohnungen oder ein Erweiterungsbau der Technischen Hochschule Georg-Simon-Ohm entstehen. Der Stadtrat favorisierte die Nutzung als Wissenschaftsstandort.

Dagegen hat sich im Dezember 2021 der Bund Naturschutz mit seinem heutigen Vorsitzenden Klaus-Peter Murawski positioniert. Auf der Seite des BN heißt es dazu, die Stadt „plant eine Versiegelung des Parks in der Keßlerstraße und beim ehemaligen Kinderheim Rädda Barnen.“

Garniert wird die Alarmierung der BN-Mitglieder mit Fotos von an Bäumen angeketteten Aktivisten. Der BN hat sehr gut gelernt, mit pauschalen Argumenten Aufmerksamkeit zu erregen. Holla, ein Park wird versiegelt und alte Bäume werden abgesägt, da sieht man wieder einmal die Doppelzüngigkeit der Politik. Grün reden und dabei Beton anrühren, mag sich der eine oder andere denken.

Mögliche Lösung: eine sensible Bebauung

Wer sich die Dinge vor Ort anschaut, der erkennt, dass es nicht um die Versiegelung eine Parks, sondern um die Nutzung einer Fläche geht, auf der bis vor wenigen Jahren Holzhäuser gestanden haben. Es geht auch nicht um eine großflächige Abholzung von wertvollen Bäumen. Mit einer sensiblen Bebauung müsste wahrscheinlich überhaupt kein alter Baum gefällt werden. Das Grundstück liegt aber in idealer Laufnähe zu den anderen Gebäuden der Ohm-Hochschule. Eine nachhaltige Bebauung, weil sie keinen zusätzlichen Verkehr produziert. 

Die Stadtspitze müsste nach jahrelangem Stillstand endlich entscheiden, was sie mit dem Gelände vorhat. Will sie endlich der „Ohm“ eine Chance zur Weiterentwicklung bieten oder hat sie Angst vor dem BN und seinem Vorsitzenden Murawski, der glaubt, bei der Stadtentwicklung alles besser zu wissen? Eine Bebauung mit Augenmaß wäre eine sinnvolle Abrundung des Parks im Osten. Es wäre eine Art Lärmschutzbebauung für den ganzen Park an dieser Stelle. 

Wie gestalten wir die Zukunft?

Es kann doch nicht sein, dass die Ausbildung von jungen Erwachsenen weniger Wert als eine grüne Brache entlang einer Hauptverkehrsachse ist. Der ökologische Wert dürfte sehr gering sein. Stadtspitze und Stadtrat müssen einmal Farbe bekennen, wie sie Zukunft buchstabieren. Und die BN-Spitze sollte in sich gehen: Nürnberg braucht auch Arbeitsplätze, die zukunftssicher sind. 


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