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Nürnberg lernt schwimmen

Öffentlicher Raum im Wandel: Nürnberg diskutiert seine Zukunft. | Illustration: © Paul Blotzki

Klimawandel als neue Normalität

Die Temperaturen ändern sich und es wird in Zukunft auch in Nürnberg heißer werden, das konnten wir schon in den vergangenen Jahren spüren. Die Stadtplanung hat vor einer Dekade damit begonnen, darauf zu reagieren und mehr Grünflächen ausgewiesen, mehr Bäume gepflanzt und es wird mehr Flächen, die nach dem Prinzip Schwammstadt aufgebaut sind, geben. Das heißt Regenwasser soll in den Erdboden versickern und so für Kühlung sorgen. Es wird nicht in die Kanalisation abgeleitet. Dass sich Nürnberg in den nächsten Jahrzehnten an den Klimawandel anpasst, wird die größte Herausforderung sein. Vergleichbar nur mit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.

Stadtplaner Prof. Henry Fenzlein | Quelle: © Octagon Architekturkollektiv

In der Podiumsdiskussion „Die Kommerzialisierung des öffentlichen Raums“, die das Baureferat im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Stadt veranstaltet hat, forderte der Stadtplaner Henry Fenzlein ein langfristiges Konzept für Nürnberg, das nicht von wechselnden politischen Mehrheiten abhängt.

Barcelona als Blaupause

Er verwies dabei auf Barcelona, das in den Achtziger Jahren noch eine richtig hässliche Stadt mit wenigen Touristen war und heute von Besuchern aus dem In- und Ausland überlaufen wird. Der Bürgermeister, der die Transformation initiierte und durchgesetzt hat, wurde dann nicht mehr gewählt, so Fenzlein, der an der Ohm-Hochschule lehrt. Barcelona profitiert von diesen Ideen noch heute. Der Autoverkehr wurde aus der Innenstadt und in Tunnels verbannt, und es wurden deutlich mehr Grünflächen angelegt.

Fenzlein, der mit seinen Studenten im Architekturstudium überlegt, wie Wohlfühlstrukturen in Stadtteilen geschaffen werden können und wie in 20 oder 30 Jahren Stadtbewohner leben wollen, schlägt eine möglichst umfangreiche Entsiegelung von Plätzen und Straßenflächen vor, um die Hitze in der Stadt zu bändigen. Es wird künftig komprimierter gebaut werden.

Auch sollte Nürnberg seinen Weg weitergehen, sich gegenüber der Pegnitz zu öffnen. Andere Städte würden ihre Flüsse viel stärker nutzen und in das städtische Leben einbinden. Zur Erinnerung: Es war ein 15-jähriger Kampf, dass auf der Insel Schütt, beim Kettensteg und gegenüber dem Kontumazgarten Sitzgelegenheiten am Wasser geschaffen wurden, die nutzbar sind, ohne dass man gegen Bezahlung etwas verzehren muss.

Eventlocation Hauptmarkt: Aufbau der Nürnberger Winterwelt. | Foto: © Janine Beck

Hauptmarkt verliert Grünen Markt an 227 Tagen

Neben dem Klimawandel muss die Stadt aber auch aufpassen, dass der Hauptmarkt nicht zu stark mit Veranstaltungen belastet wird und der Eindruck entsteht, dass Nürnbergs gute Stube nur noch als Kulisse für Kommerz dient. Im vergangenen Jahr wurde der Grüne Markt immerhin an 198 Tagen vom Hauptmarkt weg verlegt, weil andere Veranstaltungen anscheinend wichtiger waren. Mitgezählt ist hier auch der Christkindlesmarkt. In diesem Jahr sind sogar 227 Verlegungstage vorgesehen.

Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmaier machte deutlich, dass sie versucht, die Ideen aus der Bevölkerung, wie das Umfeld rund um den ehemaligen Kaufhof und um den City Point weiterentwickelt werden soll, auch umzusetzen. Flächen für Kinder, mehr Grün und Sitzgelegenheiten sollen in der Breiten Gasse kommen, wenn alle Beteiligten mitmachen und die Finanzierung gelingt.

Anders als in Fürth hat Nürnberg aber ein Problem mit Vandalismus. Die Stadtverwaltung würde gerne attraktiveres Mobiliar im öffentlichen Raum aufstellen, doch in der Regel würde es sehr schnell wieder zerstört werden, fügte Baureferent Daniel Ulrich an. Anders als in der Nachbarstadt.

Blick vom Dach des Kaufhofs Richtung Westen. | Foto: © Axel Eisele, Stadt Nürnberg

Bildung, Markt und Dachgarten für den Kaufhof

Beim Thema, wie es mit dem Kaufhof weitergeht, machte sich die Wirtschaftsreferentin für Bildungsschwerpunkte stark. Die Industrie- und Handelskammer könnte ihre Fortbildungsakademie in den Kaufhof verlegen. Offenbar sind auch die Gespräche zwischen der Ohm-Hochschule und der Friedrich-Alexander-Universität schon sehr weit gediehen, eine gemeinsame Anlaufstelle für Studierende aus dem Ausland in den unter Denkmalschutz stehenden Bau aus den Fünfziger Jahren einzurichten.

Darüber hinaus hat Heilmaier vorgeschlagen, dass der Dachgarten auf dem ehemaligen Kaufhof öffentlich genutzt wird. „Von hier aus hat man einen fantastischen Blick über die Innenstadt von Nürnberg“, so Heilmaier.

Angesichts der knappen öffentlichen Kassen wird Heilmaier mit ihren Unterstützern titanische Kräfte benötigen, denn diese Idee hat Charme. Heilmaier weiß aber auch, dass Nürnberg neue, interessante Geschäfte in der Innenstadt benötigt, damit die Umsätze stimmen. Ein dauerhaftes Zuschussgeschäft darf die Modernisierung der Innenstadt nicht werden. Die Gespräche werden schwierig werden.

Die Stuttgarter Markthalle von der Empore. | Foto: © Janine Beck

Zwei Tage später schlug der Nürnberger SPD-Vorsitzende Nasser Ahmed eine weitere, spannende Idee vor. Der Grüne Markt auf dem Hauptmarkt soll ins Erdgeschoss des Kaufhofs verlegt werden. Das hätte den Vorteil, dass die Stände feste Plätze erhalten würden, nicht mehr in der Sonne stehen müssen und mehr Laufkundschaft bekommen als am Hauptmarkt. Solche Markthallen gibt es in vielen anderen Städten. Ein kulinarisches Zentrum in Nürnberg, zu dem noch andere Geschäfte passen würden. Wow!

Man wird ja wohl noch träumen dürfen.


Teil 2 der Nürnberger Stadtgespräche: Stadt im Wandel – Stadt der Zukunft

Die gerechte Aufteilung der Verkehrsflächen oder: Ist Mobilität nur Auto-Mobilität?

Seit 90 Jahren dominiert das Auto unsere Mobilität, seit 60 Jahren unsere Straßen. Jetzt drängen Klimawandel und Lebensqualität zu einer Wende. Die Neuverteilung des öffentlichen Raums wird zur Schlüsselfrage: Wie erschaffen wir Räume für Kunst, Kultur und klimaresiliente Stadtplanung?

Verkehrs- und Stadtplaner Prof. Harald Kipke von der TH Nürnberg und Marc Städtler, Geschäftsführer der Konrad-Städtler GmbH Nürnberg, IHK, liefern die Antworten für morgen. Es moderiert André Fischer.

Montag, 24. Februar 2025, um 18 Uhr im Baumeisterhaus, Bauhof 9. Der Eintritt ist frei. Die Anmeldung ist hier möglich.

Quellen: Baureferat, Stadt Nürnberg, YouTube, Octagon Architekturkollektiv


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