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Nürnberg leuchtet auf andere Art

Das Nürnberger Opernhaus bei Nacht. | Foto: © Janine Beck

Kulturszene tanzt aus der Provinzrolle

Das Hadern über Nürnberg und seine kulturellen Möglichkeiten, das in den neunziger Jahren üblich war, ist weitestgehend verschwunden. Zumindest taucht es im öffentlichen oder veröffentlichten Diskurs kaum mehr auf.

Mit dem Dauerlutscher „langweiligste Großstadt Deutschlands“, den das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ einmal mit Hilfe eines Mitarbeiters aus der städtischen Kultur Nürnbergs in die Welt gesetzt hat, will sich keiner/keine mehr auseinandersetzen. Es ist müßig.

Nürnbergs kulturelles Angebot ist inzwischen sehr breit gestreut und war schon vor 30 Jahren nicht langweiliger als das in Karlsruhe, Hannover oder Bremen. Nicht überall steppt der Bär wie in München, Berlin oder Hamburg.

Auch wenn man noch vieles besser machen könnte, so ist doch das Schimpfen und Gemosere über das kulturelle Angebot Nürnbergs dem Staunen gewichen, was alles möglich ist und möglich sein wird, wenn etwa das Künstlerhaus endlich fertig saniert ist. Doch woran macht man diese positive Einschätzung fest, ohne dass einem Schönrednerei vorgeworfen wird?

Ein Ballett-Star wählt Nürnberg

Nach 17-jähriger Ära Montero: US-Choreograf Richard Siegal wird neuer Ballettdirektor in Nürnberg. | Foto: © Luis Alberto Rodriguez

Kulturbürgermeisterin Julia Lehner hat es geschafft, mit Richard Siegal einen exzellenten neuen Ballettchef nach Nürnberg zu holen. Zunächst sah es so aus, dass die Lücke, die Goyo Montero, der nach Hannover geht, hinterlässt nicht zu schließen ist. Es kam aber ganz anders. Siegal dürfte dem Nürnberger Ballett neue Facetten hinzufügen und für internationale Aufmerksamkeit sorgen. Er geht bewusst nach Nürnberg, weil er die Chancen, die der neue Aufführungssaal im Innenhof der Kongresshalle bietet, nutzen möchte.

Der Umgang mit der nationalsozialistischen Geschichte Nürnbergs, die nicht zu tilgen, sondern künstlerisch aufzubrechen ist, wird ein schwieriges Unterfangen. Siegal wird Maßstäbe setzen müssen, um erfolgreich zu sein.

Dass das eher „arme“ Nürnberg eine Koryphäe wie Siegal verpflichten kann, ist eine schöne Pointe im Wettlauf mit anderen Bühnen. Siegal kommt aus Köln nach Nürnberg. In Deutschlands Faschingshauptstadt besteht die Gefahr, dass die Ballettsparte mangels Geld aufgelöst wird.

Symphonische Vielfalt mit zwei Orchestern

Nicht nur das Ballett, sondern auch die Staatsoper haben in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erfahren, der spannend, bilderreich und emotional ist, dabei anregend nachwirkt. Glänzend zuletzt Eugen Onegin und die Dreigroschenoper. Man vermisst zwar noch Joana Mallwitz am Dirigentenpult, vor allem wegen ihres Charms. Roland Böer, aber auch die anderen Dirigenten und Dirigentinnen, wie Erina Yashima, die Böer bisweilen ersetzen, machen es musikalisch großartig und begeistern.

Nürnberg leistet sich mit den Philharmonikern und den Symphonikern immerhin zwei Qualitäts-Orchester. Wenn eher selten gespielte Stücke ins Repertoire aufgenommen werden wie von Erwin Dressel oder Erich Wolfgang Korngold, dann ist das Glück der Zuhörer in der in die Jahre gekommenen Meistersingerhalle fast vollkommen.

Natürlich ist nicht alles top. Die Ouvertüre von Wagners Oper Tannhäuser beim Neujahrskonzert war schon eher geschnitzt als gespielt. Es kann alles noch besser werden.

Auch wenn Nürnbergs Konzerthauspläne vor vier Jahren geplatzt sind, so hat es Kulturbürgermeisterin Julia Lehner angesichts des drohenden Geldmangels doch geschafft, mit dem Interim im Hof der Kongresshalle eine Spielstätte zu schaffen, die auf Dauer angelegt ist, wenn Oper und Ballett wieder in das dann sanierte Opernhaus am Ring einziehen.

Bis dahin wird zwar noch viel Pegnitzwasser nach Fürth fließen, doch die Strukturen sind geschaffen, dass es gelingen kann. Parallel dazu müssen Anstrengungen unternommen werden, für die junge Kultur Räume zu schaffen, um sich auszuprobieren. Es ist deshalb enorm wichtig, dass es solche „Ermöglichungsräume“ (ein grauenhaftes Wort) für die jüngere Generation im Torso der Kongresshalle geben wird.

Kongresshalle am Dutzendteich | Foto: © Janine Beck

Love & Peace, Respekt! und Perspektiven für 2025

Wer das in dieser Woche vorgelegte Kulturprogramm für 2025 einmal genauer anschaut, der muss erkennen, dass es wirklich für alle etwas bietet (Bardentreffen und Klassik Open Air) und dabei anspruchsvolle Höhepunkte (Orgelwoche) nicht vergisst. Sicher, Konzerte kosten viel Eintritt, aber in Nürnberg gibt es Kultur auch umsonst. Die freie Szene hat es leider immer noch schwer, weil die Stadt nicht mehr Geld für Subventionen hat. Doch andere Städte finanzieren kulturell fast gar nichts mehr, weil es keine Pflichtaufgabe ist.

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