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Die Rückkehr der mageren Jahre

Die Straßenbahn am Berliner Platz gehört zu den drei Großprojekten, die trotz massiver Sparmaßnahmen in Nürnberg realisiert werden. | Foto: © Janine Beck

Investieren trotz leerer Kassen

Die letzte große Sparwelle nach der Finanzkrise in den Nullerjahren war in Nürnberg erst 2014 ausgestanden. Investitionen fanden über Jahre hinweg nur im Schul- und Kinderbetreuungsbereich statt. Es wurde sehr viel Geld für die Finanzierung von Schulden verbrannt. Danach kamen einige fette Jahre, da konnte wieder in die Straßenbahn, in Radwege und im Grünflächenbereich investiert werden. Doch diese fetten Jahre sind seit Corona wieder vorbei.

Allein in Nürnberg wurden für Impfen und Tests über 80 Millionen Euro ausgegeben. Die Gewerbesteuer bringt der Stadt derzeit noch deutlich über 600 Millionen Euro ein. Doch dieser Geldstrom wird ab 2025 weniger werden, denn wenn die Wirtschaft nicht mehr so gut läuft, dann werden auch weniger Steuern gezahlt. Nürnberg wird wahrscheinlich schon im nächsten Jahr 100 Millionen Euro neue Schulden machen müssen.

Der Nürnberger Stadtrat fasst derzeit die ersten Beschlüsse, damit die Regierung von Mittelfranken den Haushalt für das nächste Jahr genehmigt. Wenn er keine Zustimmung erhält, dann darf die Stadt keine freiwilligen Leistungen mehr auszahlen, was vor allem den Kultur- und Sportbereich treffen würde, aber auch Leistungen im Sozialen.

Damit dies nicht passiert, werden auf den unterschiedlichsten Ebenen Projekte und Vorhaben, die schon beschlossen sind, in die Zukunft geschoben. Auch die städtischen Töchter sollen einen Beitrag leisten. Die VAG ist angehalten, pro Jahr fünf Millionen Euro dauerhaft zu sparen.

Gewinneinbruch bei der N-Ergie trifft die VAG. | Foto: © Janine Beck

VGN verliert seine N-Ergie

Das ist notwendig, weil die Quersubventionierung nicht mehr gelingt: Bislang war es so, dass mit den Gewinnen der N-Ergie, der Betrieb und die Investitionen bei der VAG zum Teil finanziert wurden. Nachdem die Gewinne der N-Ergie bei Erdgas wie Schnee in den Alpen schmelzen, muss die VAG entweder in ihren Betriebsabläufen oder beim Fahrangebot sparen. Noch dazu hat die N-Ergie in den nächsten Jahren einen hohen Investitionsbedarf, denn das Fernwärmenetz muss erheblich ausgebaut werden, um die Energiewende technisch überhaupt möglich zu machen. Doch wie?

Parallel zu dieser Entwicklung wurde in den vergangenen Wochen hinter den Türen im Rathaus erheblich gestritten, denn die Grünen und die Linke wollten keine Ausdünnung des Angebots im ÖPNV. Unter anderem sollten die Linien 31, 49 und 84 eingestellt werden und auch etliche Takte der Linien 34, 51, 52, 55, 57, 62, 69 und 82 von 20 auf 40 Minuten umgestellt werden. Einige Linien sollten auch verkürzt werden.

Um den Sparbeitrag von fünf Millionen Euro zu erreichen, müssen auch etliche Straßenbahnvorhaben, wie die Sanierung der Gleise in der Ostendstraße und im südlichen Bereich der Allersberger Straße, geschoben werden. Es fehlt an Geld, auch wenn sie sinnvoll sind und den ÖPNV voranbringen würden.

Während die VAG jährlich fünf Millionen Euro einsparen muss, fließen 130 Millionen Euro in drei Straßenbahnprojekte – darunter der Ausbau am Berliner Platz (im Bild), UTN und Minervastraße. | Foto: © Janine Beck

Berliner Platz bleibt Priorität: und diese 2 Projekte auch

Aber nicht alles wird in die Zukunft geschoben. Am Bau der Straßenbahn zum Berliner Platz, der Lückenschluss in der Minervastraße und die Verlängerung der Straßenbahn zur Technischen Universität soll wie geplant festgehalten werden.

Insgesamt werden für Investitionen in die Straßenbahn in den nächsten Jahren 130 Millionen Euro bereitgestellt. In diesem Jahr beträgt der städtische Ausgleich für den VAG-Betrieb, der nicht mehr von der N-Ergie, sondern von der Stadt übernommen werden muss, 24 Millionen Euro, 2026 werden es dann 35 Millionen sein und 2027 40 Millionen Euro.

Die VAG soll jetzt bis zum Frühjahr Vorschläge vorlegen, wie sie die Einsparungen erreichen will. Die VAG hatte sich zunächst dagegen gewehrt, weil die Fahrgastzahlen mit 154 Millionen einen Spitzenwert erreicht hätten. Der Zuwachs ist aber im Netz nicht flächendeckend. Auf einigen Strecken könnten am Abend die Passagiere mit Handschlag begrüßt werden.

Das Sozialticket wird teurer: Eine Anhebung um 3,50 Euro

Begleitet wurde die Diskussion über Angebotskürzungen von der Anhebung des Preises für das Sozialticket. Es sollte von 19 Euro auf 22,50 Euro angehoben werden, was zu erheblichem Widerstand bei den Initiatoren des Bürgerbegehrens für ein 365-Euro-Jahresticket in Nürnberg geführt hat. Da war von „Wortbruch“ die Rede, weil die Stadt vor zwei Jahren versprochen hatte, sehr viel Geld in den ÖPNV zu stecken, damit die Ticketpreise günstig bleiben. Das Bürgerbegehren fand nach langen und zähen Verhandlungen deshalb auch nicht statt.

Die Diskussion über die Anhebung der Preise hat einen Vorgeschmack darauf gegeben, wie schwierig sparen wird. 50 Euro bekommen die SGB-II-Empfänger, damit sie am ÖPNV teilnehmen können und mobil sind.

Das Sozialticket ist aber nicht mehr wie früher auf den Raum Nürnberg und Fürth beschränkt, sondern es gilt in ganz Deutschland, weil die Stadt Nürnberg pro Ticket 30 Euro zuschießt. Das Sozialticket wurde ein Deutschlandticket. Wenn der Preis für das allgemeine Deutschlandticket steigt, dann muss das auch für das Sozialticket gelten, so die Haltung von CSU, SPD und Grünen. Das ist nur fair im Vergleich zu Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, aber keine SGB-II-Empfänger sind.

Die Zeiten, dass der Staat sehr viel Geld zur Verfügung hatte, sind vorerst vorbei. Den Kommunen wie Nürnberg hilft auch keine Ausweitung der Schuldenbremse, denn sie haben keine. Sie sind auf die Zuweisungen von Bund und Land angewiesen.

Investieren in Zeiten knapper Kassen. | Illustration: © Paul Blotzki

Die Lockerung der Schuldenbremse: Ein Risiko für die Zukunft

Im Übrigen würde die Lockerung der Schuldenbremse zu noch mehr Schulden und hohen Zinszahlungen in der Zukunft führen. Eine Ausweitung der Schuldenbremse kann nur für Investitionen erfolgen, die eine Rendite im Bildungs- oder im Verkehrsbereich abwerfen, aber nicht für den Betrieb und für günstige Fahrpreise. Es ist der nächsten Generation nicht zuzumuten, wenn wir über unsere Verhältnisse leben.


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