Glühweinflut und Bettensteuer

 

Der Christkindlesmarkt leuchtet, die Stadtplanung tappt im Dunkeln. | alle Fotos: © Janine Beck

 
 

Eine Stadt plant den Wandel ohne Geld

Die Innenstadt Nürnbergs soll einem Transformationsprozess unterzogen werden. Davon war an dieser Stelle schon mehrfach die Rede. Geplant ist, die Aufenthaltsqualität vor allem für Familien in der Fußgängerzone und in der Altstadt zu verbessern.

Transformationen kosten aber viel Geld und es ist nicht gesagt, dass sie gelingen. Da braucht es in sich geschlossene Konzepte, die Bürgerinnen und Bürger überzeugen.

Das beste Beispiel dafür, wie es nicht klappt, sind die deutsche Automobilindustrie und die E-Mobilität. Es ist offenbar schwierig, dass Firmen, die Autos mit Diesel- und Benzinmotoren herstellen, plötzlich welche mit bezahlbaren Elektromotoren produzieren.

Das Märchen, dass es bei der Transformation nicht zu größeren Problemen kommt, wurde lange genug erzählt und viele Menschen haben es auch geglaubt. Ein Nullsummenspiel ist das aber für die Branche und den Staat nicht, wie wir gerade sehen.

Die Folgen sind steigende Arbeitslosenzahlen und sinkende Steuereinnahmen. Wenn aber der Ausstoß von Kohlendioxid sinken soll, dann muss der automobile Transformationsprozess besser als bisher in Gang kommen.

Nürnberg muss klotzen, nicht kleckern

Da muss der Staat Leitplanken konsequenter setzen. Das gilt auch für “kleine” Politik, für die Stadt Nürnberg bei der Transformation der Innenstadt. Derzeit gibt es viele Leerstände und Fachgeschäfte machen zu.

Wenn die Innenstadt Nürnbergs attraktiver und lebendiger werden soll, um mehr Kundschaft anzuziehen, dann muss die Stadt Geld in die Hand nehmen. Es genügt nicht Einzelhändler zu überreden, einen Blumenkübel neben den Eingängen zu den Geschäften zu platzieren oder zwei, drei Stühle aufzustellen.

Da braucht es einen strukturierten Straßenbelag, schöne Bänke, Außengastronomie und ja, auch mal eine kleine Spielfläche. Wer Kinder großgezogen hat, weiß, wie wertvoll diese Inseln sind, damit der Nachwuchs nicht lustlos von Geschäft zu Geschäft gezogen werden muss. Pausenmöglichkeiten für einen entspannten Einkauf müssen sein.

Inszenierte Lebendigkeit der Königstraße.

Reich an Ideen, arm an Geld

Ende des nächsten Jahres soll der Transformationsprozess losgehen. Doch Nürnbergs Kassen sind leer. Derzeit wird mit Imbissbuden in der Königstraße Lebendigkeit vorgetäuscht. Durch hohe Gastro-Umsätze während des Christkindlesmarkts sollen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer steigen.

Doch das wirkt nicht überzeugend. Die Baumstümpfe vor der Fassade des Kaufhofs bieten Platz für eine erste Rast mit Glühwein und Bratwörschd vom Hauptbahnhof herkommend. Sie wirken abartig. Wie Hackklötze von Scharfrichtern.

Klar, sie haben nur eine Funktion: Sie sind Tische für einen schnellen Glühwein mit Imbiss auf dem Weg zum Christkindlesmarkt. Da ist man dann schon richtig vorgeglüht. Hoffentlich bleibt noch etwas Geld im Portemonnaie der Touristen bis der Hauptmarkt erreicht wird. Es sind im Umfeld des Christkindlesmarkts auch noch etliche andere Badebereiche für die Leber zu entdecken. Es fehlt nur noch eine mobile Apotheke, die Tabletten gegen das fällige Sodbrennen, die das überzuckerte Getränk in der Regel nach sich zieht, anbietet. Als Giveaway von der Stadt wäre es sehr zu empfehlen. Wir wollen doch, dass Touristen gerne an Nürnberg zurückdenken! Ein überzuckerter Magen ist das sicherlich nicht.

Nein, es geht nicht darum, Essen und Trinken madig zu machen und schmallippig Konsumverzicht zu predigen, sondern um Qualität. Der Christkindlesmarkt ist mit seiner handwerklichen Kunst, die es zum Glück noch immer gibt, ein schöner Ort für sentimentales Weihnachts-Shopping. Er sollte aber nicht nur historisches Beiwerk für schwer angeheiterte Glühwein-Lechzer sein.

15 Millionen aus Touristenbetten?

Doch zurück zum eigentlichen Thema: Woher soll das Geld für eine Transformation der Innenstadt kommen, die so attraktiv ist, dass mehr Touristen und Einkäufer den Weg in die Altstadt finden?

Nürnbergs Kämmerer Thorsten Brehm hat im September den Vorschlag gemacht, eine Art Bettensteuer einzuführen. Geld, das für die Aufwertung der Innenstadt zur Verfügung stünde. Man kann sie auch als Tourismusabgabe oder Kulturgüterabgabe bezeichnen. Über die Höhe lässt sich streiten. Müssen es fünf Euro pro Nacht und Zimmer wie in Wiesbaden sein? Oder gibt sich Nürnberg mit zwei bis drei Euro zufrieden? In anderen Urlaubsländern gibt es eine solche Steuer schon. Grob geschätzt wären für Nürnberg rund 15 Millionen Euro an Einnahmen pro Jahr zu erzielen.

Sicher, neue Steuern sind nie schön und sollten nur im Notfall eingeführt werden. Aber Städte, zu denen viele Touristen kommen, haben einen größeren Aufwand und könnten zusätzliches Geld für attraktive Programme oder Innenstadtgestaltung gut gebrauchen. Dass Touristen wegen einer Bettensteuer ihren Nürnberg-Besuch absagen oder stornieren ist angesichts der Gesamtkosten eines Städtetrips eher unwahrscheinlich. Wichtig wäre doch, dass die Stadt mit dem Geld einen Mehrwert bietet und sei es nur eine exzellent gestaltete Innenstadt. In den allgemeinen Haushalt dürften die Mehreinnahmen nicht fließen. Dann siedeln sich hoffentlich wieder mehr originelle Geschäfte an.

 

Keine Bettensteuer für Nürnberg: Während Grüne und SPD eine Prüfung befürworten, lehnt die CSU die Tourismusabgabe ab.

 

München verweigert Nürnberg die Bettensteuer

Aber keine Angst, liebe Hoteliers, die Bettensteuer, Tourismusabgabe oder Kulturgüterabgabe kommt vorerst nicht. Während Grüne und SPD den Vorschlag einmal prüfen wollen, hat sich die CSU schon kategorisch dagegen ausgesprochen. Das Bayerische Innenministerium genehmigt im Übrigen die Einführung einer solchen Steuer nicht. Mal sehen, ob die Tourismusstädte bei der Verteilung des Finanzausgleichs bevorzugt werden, wenn sie schon keine Bettensteuer erheben dürfen.

 

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