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Ein Bildungscampus mit fränkischen Genüssen

Gesucht: tragfähiges und zukunftsweisendes Nutzungskonzept für den Kaufhof. | alle Fotos: © Janine Beck

Neuer Eigentümer, alte Fragen

Den leerstehenden Kaufhof und sein Parkhaus am Tor zur Innenstadt haben einen neuen Eigentümer. Die Stadt Nürnberg hat das Objekt in der Königstraße von der RFR-Gruppe von Aby Rosen und Michael Fuchs gekauft. Mit 32,5 Millionen Euro ist der Preis für die unter Denkmalschutz stehende Immobilie vertretbar, obwohl die Stadt fast zwei Milliarden Euro Schulden hat.

Was wäre gewesen, wenn das ehemalige Kaufhaus, das aus dem Fundus des Immobilien-Pleitiers René Benko stammt, auf dem freien Markt gelandet wäre? Die Stadt Nürnberg hätte an dieser sensiblen Stelle nur noch schwer steuernd eingreifen können. Muss sie auch nicht, werden viele sagen. Noch dazu hat die Stadt selbst wenig Erfahrungen als Immobilienentwicklerin.

Doch der lange Prozess um die Nachnutzung des ehemaligen Versandzentrums von Quelle in der Fürther Straße hat gezeigt, dass private Immobilienentwickler, die auf Gewinnmaximierung achten müssen, solche komplexen und großen Immobilien nicht unbedingt besser entwickeln als die öffentliche Hand und sie einer neuen Nutzung zuführen.

Lehrstück Quelle

Nach vielem hin und her und mehrfachen Eigentümerwechsel kann die ehemalige Quelle-Immobilie nur deshalb einer guten Zukunft entgegengehen, weil die Stadt Nürnberg einen großen Teil der Fläche für das Sozial- und Jugendamt angemietet hat. Zu einem sehr hohen Mietpreis wurde die Stadt zum Ankermieter. Es wäre günstiger gekommen, die Stadt hätte die Quelle selber ersteigert und früher strategisch eingreifen können.

Die Baugrube der verpassten Chancen am Aufseßplatz im Detail. | Foto: © privat

Nachdem beim ehemaligen Quelle-Versandzentrum inzwischen über zehn Jahr verstrichen sind, wollte die Stadt keine Hängepartie mit dem Kaufhof an dieser zentralen Stelle in der Innenstadt, bei der sie nur als Zuschauer die Entwicklung begleiten könnte. Hätte sie die Steuerung aus der Hand gegeben, dann wäre sie auch erpressbar gegenüber den Wünschen der neuen Eigentümer geworden, die sicherlich auf eine maximale Nutzung des Gebäudes gedrängt und sich sonst nicht beeilt hätten, wenn ihnen die Vorgaben nicht passen würden. Das macht die Baugrube des ehemaligen Kaufhofs am Aufseßplatz deutlich. Die mit Wasser gefüllte Baulücke wird bald ihren zehnjährigen Geburtstag feiern.

Architektonischer Zeitzeuge

Wie geht es weiter? Der Kaufhof ist ein typisches Gebäude aus den fünfziger Jahren und steht unter Denkmalschutz. Für Anhänger des alten Nürnbergs ist er ein Fremdkörper in der zum Teil wieder aufgebauten Altstadt geblieben. Kritik wurde nicht nur an der Architektur, sondern auch an der Größe des Gebäudes geäußert.

Aber auch die 50er Jahre gehören zur Architekturgeschichte Nürnbergs. Der ehemalige Kaufhof mit seiner leicht geschwungenen Fassade und seiner formidablen Treppe kann sich sehen lassen. Leider wurden die großen Fenster, die 1950/51 ursprünglich eingebaut waren, inzwischen durch schmalere Fenster ersetzt, was dem Gebäude etwas seine Großzügigkeit und Transparenz nimmt und an Schießscharten erinnert. So ganz typisch für die fünfziger Jahre ist der Kaufhof inzwischen nicht mehr.

Als vor wenigen Wochen die erste Debatte um die neue Nutzung begann, forderte Ministerpräsident Markus Söder den Abriss und schlug ein neues Gebäude für Tagungen der Messe vor. Die SPD, die als erste den Ankauf des Kaufhofs vonseiten der Stadt ins Spiel gebracht hat, lehnte den Abriss ab, weil gerade die Stadt den Denkmalschutz nicht einfach umgehen kann. “Wir stehen klar zu den für Alle gültigen rechtlichen Grundlagen des Denkmalschutzes”, stellte die SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Kayser fest. Sie wies außerdem auf die Dimension eines Neubaus hin der wahrscheinlich drei Geschosse in die Höhe wachsen würde, wenn tatsächlich neu gebaut wird. Anders würde ein Neubau mit einer Nutzung als Tagungsstätte der Messe sich wirtschaftlich nicht rechnen. Ein Neubau wäre als noch wuchtiger als das vorhandene Gebäude und würde in Konkurrenz zur Lorenzkirche stehen.

Fränkische Delikatessen neben Hightech-Visionen

Die Georg-Simon-Ohm Hochschule, aber auch die neue Universität, UTN, haben angeregt, dass der Kaufhof im Erdgeschoss eine Art Bildungscampus werden soll: Es könnte gebündelt gezeigt werden, was alles an Wissenschaft und Forschung in der Region getrieben wird. Dazu passen würden auch die starken Seiten der IHK und der Handwerkskammer. Eine Art wechselndes Schaufenster, das Lust auf Forschung und Entwicklung in der Region macht.

Diese Leistungsschau, wenn sie intelligent umgesetzt wird, wäre natürlich auch für überregionale Besucher Nürnbergs interessant. Ein Bildungscampus wäre außerdem eine inhaltliche Spange für die Innenstadt: Von der Forschung bis zum Zukunftsmuseum. Nürnberg ist mehr als nur einkaufen.

Schön wäre es, wenn im Rahmen einer Nutzung auch ein “Haus der fränkischen Genüsse” eingerichtet werden könnte. Es gibt im Fränkischen, im Gegensatz zu vielen anderen Regionen, noch sehr viele hochwertige Lebensmittel, auf die man aufmerksam machen und natürlich auch verkaufen könnte. Da muss man halt einen Betreiber finden.

Verkehrsgünstig und flexibel: der City Point (links).

City Point als Tagungsalternative

Beim Kaufhof muss es auf einen Nutzungsmix hinauslaufen und es sollte keine monolithische Tagungsnutzung geschaffen werden. Neben dem Bildungsgedanken muss natürlich auch mehr Grün eine Rolle spielen. Das ließe sich mühelos mit dem Bildungsgedanken verbinden und den Zugang in die Innenstadt spannend gestalten.

Der City Point, der ebenfalls auf eine neue Nutzung harrt, könnt dafür das Tagungsgeschäft für die Messe aufnehmen. Von seiner inneren Struktur her, mit der runden Verteilungsebene wäre er geradezu ideal für Veranstaltungen mit 500 bis 1000 Teilnehmern. Er wäre auch von der Anfahrt und Abfahrt her für das Tagungsgeschäft besser geeignet als der Kaufhof.

Der Stadtrat hat jetzt den Beschluss gefasst, eine Machbarkeitsstudie durchzuführen. Alles andere wäre auch “grenzenlos naiv” (Kayser). Es sollte nur ehrlich darüber diskutiert werden, was das Beste für Nürnberg ist. Neben den Grundsatzentscheidungen ist aber auch die alltägliche Pflege des Umfelds wichtig.


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