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Wird der Hauptmarkt zur Festwiese?

Nach 600 Jahre auf dem Hauptmarkt: Buntes Markttreiben bald vor der Lorenzkirche? | Foto: © Janine Beck

Die gute Nachricht: Weg frei für das INaM

Es gibt auch einmal eine gute Meldung, was die Entwicklung Nürnbergs anbelangt. In diesen Tagen hat der Freistaat das ehemalige Rädda Barnen-Areal in der Hirsvogelstraße gekauft. Damit steht der Errichtung des Ohm-Instituts für nachhaltige Materialentwicklung der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (INaM) nichts mehr im Wege.

Im vergangenen Sommer bestand die Gefahr, dass das Grundstück, auf Druck vom Bund Naturschutz, für den Wissenschaftsbereich nicht mehr zur Verfügung steht, weil es dem angrenzenden Park zugeschlagen werden sollte. Darüber wurde an dieser Stelle ausführlich berichtet. An Ende war der Stadtspitze die Weiterentwicklung der Ohm-Hochschule doch wichtiger als der Erhalt einer Brache an dieser Stelle, auch wenn sie grün ist.

Ostseite des Cramer-Klett-Parks: Hier soll das Ohm-Institut für nachhaltige Materialentwicklung entstehen. | Foto: © Janine Beck

Die andere Nachricht: Hauptmarkt und Obstmarkt warten auf Sanierung

Doch es gibt in Nürnberg auch Entwicklungen, über die man nur den Kopf schütteln kann, wie in der letzten Stadtratsitzung deutlich wurde. Der Hauptmarkt, die gute Stube Nürnbergs, soll seit 15 Jahren qualitativ weiterentwickelt werden. Der Platz muss auch grundsätzlich saniert werden, denn die Leitungen im Boden werden zunehmend marode. Die Pläne für Aufwertung und Sanierung gibt es schon längst. Die Anlieger wurden in den Planungsprozess eingebunden, doch am Ende fehlte das Geld für die Umsetzung. Die Planungen liefen parallel zu denen des Obstmarkts. Auch hier ist die Sanierung zwar versprochen, aber noch nicht umgesetzt. Manchmal werden Planungsvorschläge im Lauf der Zeit noch besser, weil nichts zerstört werden kann, doch beim Hauptmarkt könnte es einen richtigen Rutsch nach unten geben.

Nürnbergs Rezept gegen Leerstand: Verkaufsbuden.

Der Innenstadt fehlt es an Kundschaft. Kleine Geschäfte mit einem qualitativ hochwertigen Angebot ziehen sich zurück. Es gibt viele Leerstände und durch die Schließung des Kaufhofs droht der Zugang in die Altstadt zum Problem zu werden. Nürnbergs Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmaier hat deshalb schon einmal angekündigt, ein paar Verkaufsbuden im Umfeld des Kaufhofs aufzustellen, damit das ehemalige Kaufhaus lebendiger wirkt. Das ist ein Armutszeugnis für eine Halbmillionenstadt. Das passt dazu, dass auch auf dem Hauptmarkt mit allerlei Aktionen Leben vorgetäuscht wird. Und es soll noch mehr werden, wie die Stadtratsdebatte offenbarte.

Nach dem Winterdorf mit der Eisbahn soll es jetzt noch ein Bierfest geben und der Stadtstrand wird zwischen Mai und September geöffnet bleiben. Sehr praktisch für die Versorgung des Bardentreffens mit Alkohol. Danach geht es für die Bierfreunde am selben Ort gleich ins Altstadtfest über. Harte Zeiten für die Leber. Unter dem Motto “Nürnberg – ein Fest” soll es sogar einen Biergarten am Hauptmarkt geben. Prost!

Der “Fluch der Eintönigkeit” in der Innenstadt, wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung einmal formuliert hat, wird das inszenierte Festleben nicht verhindern. Warum ist dann noch das Rauchen von Cannabis in der Öffentlichkeit verboten, wenn es Bier in rauen Mengen gibt?

Hauptmark – Konzept gesucht, Bierbänke gefunden

Pop-up-Gastronomie und Freischankflächen, statt Einkaufstaschen voller Gemüse? | Foto: © Janine Beck

Dazu passt, dass herumdilettiert wird, wie es mit dem Grünen Markt weitergeht. Heilmaier hatte vorgeschlagen, die Buden auf den Lorenzer Platz zu verlegen und sie in festen Häuschen unterzubringen. Wie in Fürth, Heilmaier kommt aus Fürth. Das hat Vorteile, weil die Stände nicht ständig umziehen müssen. Auch entfällt das tägliche Auf- und Abbauen. Im vergangenen Jahr zogen die Marktbeschicker wegen Veranstaltungen an 162 Tagen vom Hauptmarkt weg. Die SPD-Stadtratsfraktion ist strikt gegen eine Verlegung, weil es nicht geht.

Ein Blick auf den Lorenzer Platz. | Foto: © Janine Beck

Verbesserungsvorschläge müssen sein, sonst kann es nicht besser werden. Auch müssen diese diskutiert werden. Dass Heilmaier Vorschläge macht, ist also richtig. Doch schon nach einem Blick auf einen Stadtplan hätte die Erkenntnis reifen müssen, dass der Lorenzer Platz viel zu klein ist, um die Stände vom Hauptmarkt unterzubringen.

Es hat schon 2015 eine Umfrage unter den Marktkaufleuten gegeben, in der eine große Mehrheit das ständige Umziehen ablehnt, aber ein grundsätzlicher Standortwechsel war weit davon entfernt, eine Mehrheit zu finden. Der Vorschlag Heilmaiers, mit einer Pop-up-Gastronomie und vielleicht auch noch zusätzlichen Freischankflächen für mehr Kundschaft am Hauptmarkt zu sorgen, berücksichtigt nicht, dass es im Alltag wohl nur wenige Menschen gibt, die sich mit Einkaufstaschen voller Lauch, Kartoffeln, Salat und Sellerie anschließend gastronomisch verpflegen lassen wollen.

Nürnberg, lern von Lauf!

Die Stadt sollte genau hinschauen, dass der öffentliche Raum, der allen Bürgerinnen und Bürgern gehört, nicht verramscht wird und Lebendigkeit nicht auf die Möglichkeit reduziert wird, immer und überall Bier zu trinken. Es soll insgesamt die Aufenthaltsqualität verbessert werden. Das gelingt aber nicht mit noch mehr Bierbänken. Wenn “Nürnberg – ein Fest” sein soll, so das CSU-Motto, dann muss man aufpassen, dass der Kater nicht zu heftig ausfällt.

Besser wäre es, sich einmal zu überlegen, wie das Angebot des Grünen Markts verbessert werden soll, das bringt dann auch mehr Menschen in die Innenstadt. Eine Kleinstadt wie Lauf hat ein viel besseres Angebot, weil die Mieten für die Marktbeschicker wesentlich günstiger sind. In Lauf ist der grüne Markt auch sehr gut besucht, ohne zusätzliche Bierbänke.


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