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Rote Eimer und ein Drahtesel

Nürnbergs Wege ins Rathaus. | Foto: © Janine Beck

Wie man Oberbürgermeister in Nürnberg wird

Im Frühjahr 2026 finden Kommunalwahlen in Bayern statt. Neben dem Wahlausgang, der aber noch weit in der Zukunft liegt, ist derzeit vor allem die Frage spannend, mit welchem Personaltableau die Parteien in Nürnberg antreten werden. Entschieden wird das in aller Regel eineinhalb Jahre vor dem Wahltermin, damit die Kandidatinnen und Kandidaten genügend Zeit haben, sich bekannt zu machen. 

Nach dem Wahldesaster der SPD 1996 nutzte der 2001 noch weitgehend unbekannte Kämmerer der Stadt Nürnberg, Ulrich Maly, die Zeit, sich systematisch bei den Wählerinnen und Wählern bekannt zu machen. Da hingen plötzlich rote Eimer an den Zäunen mit dem SPD-Logo, um auf die Privatisierungspläne der EU bei der Wasserversorgung aufmerksam zu machen. Bei diesem elementaren Thema werden die Menschen aufmerksam und Maly verband das mit der Absage an jegliche Privatisierung von städtischen Werken oder Firmen. Auch nutzte er das Fahrrad als Kommunikationsmittel. Mit dieser Taktik hatte Maly Erfolg und löste 2002 den allzu siegessicheren OB Ludwig Scholz von der CSU ab.

2020 verlor die SPD im einstmals roten Nürnberg wieder das Amt des Oberbürgermeisters. Der nüchterne Thorsten Brehm, inzwischen Kämmerer, unterlag gegen Marcus König von der CSU. König hatte als Stadtrat seit 2008 immer wieder auf populäre Themen gesetzt und wählte eine geschickte Strategie, um das Amt des OB zu erobern. Mit der bekannten und fachlich erfolgreichen Kulturreferentin Julia Lehner bildete König bei der Kommunalwahl eine Doppelspitze. Er wollte OB werden und Lehner Kulturbürgermeisterin. Mit der Doppelspitze hatte er eine Antwort auf Geschlechter- und Generationenfragen: Lehner und König deckten zusammen die Themen Alt und Jung, Mann und Frau ab.

Tandemtaktik und eine Überraschungskandidatin

In dieser Breite machte die SPD kein Angebot. Noch dazu wurde der beliebte Bürgermeister Christian Vogel übergangen. Als Parteisoldat machte Vogel aber daraus kein öffentliches Thema, sondern blieb solidarisch mit seiner Partei. Die CSU war aber erfolgreich. Wer sich bei der SPD derzeit umhört, wer als Spitzenkandidat oder Spitzenkandidatin 2026 ins Rennen geht, erhält keine eindeutige Antwort.

Ja, Vogel sei bekannt in der Stadt und bearbeite mit dem Frankenschnellweg, der Wiederauferstehung des Volksbads und dem Neubau des Stadions wichtige Themen. Er hätte gute Chancen. Auch habe er sich mit dem Pflanzen von neuen Bäumen und der besseren Pflege von Grünflächen der Stadt, die in seinem Aufgabengebiet liegt, beliebt gemacht. Vogel, der seit 2014 Bürgermeister ist, wäre bei der Wahl 2026 aber schon 57. Das sei nicht unbedingt eine zukunftsfähige Personalentscheidung. Auch wäre, wenn Vogel als Spitzenkandidat für die SPD antritt, die Entscheidung überhaupt nicht überraschend. Ein „weiter so“ könnte für die SPD nach den derzeitigen Umfragen geradezu tödlich sein.

Nasser Ahmet, Vorsitzender der SPD Nürnberg, wäre von seiner Funktion her der geborene OB-Kandidat. Doch ihm wird nachgesagt, dass er in den Bundestag will. Ein riskantes Unterfangen, wenn die bundesweiten Umfragewerte der SPD so bleiben. Die nächsten Bundestagswahlen finden vor den Kommunalwahlen statt. Ahmet muss sich aber im kommenden Herbst entscheiden, was er will. 

Als mögliche Kandidatin wird oft die Sozialreferentin Elisabeth Ries genannt. Die frühere Mitarbeiterin von OB Ulrich Maly und von Sozialreferent Reiner Prölß hat langjährige Verwaltungserfahrung und wäre, sollte sie es wollen und aufgestellt werden, eine richtige Überraschung. Es wäre praktisch die Spiegelung der CSU-Taktik von 2020. Ries hätte dann mit Bürgermeister Vogel einen bekannten, älteren Politiker an ihrer Seite, wenn er mitmacht. Ein Tandem, das aber nicht unbedingt für die jüngere Generation steht. Ries wurde 1973 geboren.

Nasser Ahmet, Vorsitzender der SPD Nürnberg | Foto: © Lennart Preis

Oberbürgermeister Marcus König | Foto: © Christine Dierenbach

Elisabeth Ries, Referentin für Jugend, Familie und Soziales. | Foto: © Christine Dierenbach

Bürgermeister Christian Vogel | Foto: © Christine Dierenbach

König sucht Dame

Die CSU muss bis zum Herbst das „Lehner-Problem“ lösen. Obwohl Lehner 70 ist, ist ihr politischer Gestaltungswille ungebrochen und es gibt für sie als Kulturpolitikerin nicht nur in der CSU, sondern auch in der SPD keine Alternative. Doch dass sie dann im Alter von 72 Jahren 2026 noch einmal antritt, gilt als unwahrscheinlich.

Allerdings wird sie mit Sicherheit den Bau des Operninterims sowie die Sanierung des Reichsparteitagsgeländes und den Ausbau des didaktischen Programms weiter begleiten wollen. Sie hat sich sehr dafür engagiert und die gute Förderkulisse geht auf ihren Einsatz zurück.

Doch in welcher Funktion und wer wird dann das Kulturressort führen wollen, wenn Lehner sich bei Nürnbergs wichtigster Baustelle weiter zentral einbringen will. Denkbar ist natürlich die Leitung der Stiftung Kongresshalle, die gegründet werden soll, damit Nürnberg nicht mehr die alleinige Last der Nazi-Hinterlassenschaft tragen muss. Bayern und der Bund sollen sich langfristig finanziell beteiligen und nicht nur über einzelne Zuschüsse.

König wird wohl mit dem CSU-Fraktionsvorsitzenden Andreas Krieglstein in den Wahlkampf ziehen. Krieglstein wird nachgesagt, dass er unbedingt Bürgermeister werden will. Allerdings hat dann die CSU wieder ein Frauenproblem.


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