Was hat denn Bern mit Nürnberg zu tun?
Schweizer Geheimnisse: Wie man unaufgeregt Politik macht und Regen in Gold verwandelt
Die Schweiz gilt als ausgesprochen konservativ, teuer und korrekt, aber die Schweizer sind auch pragmatisch. Von den Eidgenossen lässt sich lernen, wie man unaufgeregt und bürgernah Politik machen kann. Man muss nur genau hinschauen.
Bern, die Hauptstadt der Schweiz, ist eine internationale Touristenstadt und ihre Altstadt mit den langen Laubengängen ist, vor allem wenn es heiß ist oder regnet, ein Juwel, denn sie schützen Flaneure vor den Unbillen des Wetters. Das kann natürlich Nürnberg nicht bieten. Der größte Teil der Lauben Nürnbergs wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört und nur ganz wenige wieder aufgebaut.
Laubengänge in der Altstadt
Berns ÖPNV als Urlaubsbonus
Wer ein Hotel- oder Pensionszimmer in Bern bucht, der bekommt ungefragt sehr schnell eine E-Mail, dass der Öffentliche Personennahverkehr mit dem Bern-Ticket umsonst benutzt werden kann. Diese schnelle Reaktion erleichtert natürlich die Urlaubsplanung, denn es geht komplett ohne Auto in der Stadt und die Touristen können sich sehr früh darauf einstellen.
Nur noch Anwohner und Berechtigte mit einer Ausnahmegenehmigung dürfen mit dem Auto in die Innenstadt fahren. Das Parken auf kostenpflichtigen öffentlichen Parkplätzen wird rigoros überwacht.
Das Auto bleibt draußen! Ein Vorbild für Nürnberg?
In der Regel gilt der Obolus für den Parkplatz nur für eine Stunde und Autokennzeichen werden durch einen Zentralrechner überwacht: Einmal einwerfen und dann noch einmal und noch einmal…, das geht nicht. Das ist ein Disziplinierungseffekt, der auch in Nürnberg nötig wäre. Aber ein Zentralrechner für Autos? Was wäre das für Aufstand in der Frankenmetropole. Alle Datenschützer der Bundesrepublik würden sich wohl vereinen, wenn es um den gläsernen Parker geht.
Das Badeparadies Aare – trotz Tiefen und Risiken
Dass die Schweizer nicht nur bei der Straßenbahn gelassen sein können, sondern auch die Eigenverantwortung des Einzelnen in den Mittelpunkt stellen und nicht Verbote, zeigt der Fluss Aare. Sie ist ein wunderschöner, strömungsstarker Fluss, der die Innenstadt von Bern umfließt. Im Sommer ein Traum, denn es ist Gletscherwasser. Baden ist möglich, es gibt auch mehrere Flussbäder. Allerding ist die Aare tiefer als breit. Bis zu 17 Meter geht es in der Aareschlucht bei Meiringen runter. Für schlechte Schwimmer ungeeignet. In Bern ist der Fluss nur an wenigen Stellen tiefer als 2,5 Meter. In Nürnberg würde bei solchen Voraussetzungen mit Sicherheit ein Badeverbot ausgesprochen werden. In der Schweiz nicht. Immerhin sterben jedes Jahr einige Menschen in der Aare. Zuletzt waren es 34. Bezogen allerdings auf die über 200 Kilometer Gesamtlänge des Flusses. Das ist schlimm. Offenbar überschätzen sich etliche.
Nürnberg auf der Suche nach Selbstverantwortung
Wir haben in Nürnberg keinen Fluss mit Gletscherwasser, aber sind wir nicht zu oft Bedenkenträgern auf allen Gebieten ausgeliefert und setzen vor allem auf Normen, Sicherheit und Vorschriften? Das lähmt. Selbstverantwortung sollte in Nürnberg mehr zählen. Ein erstes Pflänzchen, das zur Hoffnung Anlass gibt, ist die Öffnung des Pegnitzufers in der Innenstadt. Da lässt sich der Fluss genießen. Vielleicht ist auch wieder einmal Schwimmen möglich. Hoffentlich fällt keiner rein, sonst läuft die ritualisierte Suche nach dem Schuldigen ab und die Öffnungen werden wieder geschlossen. Dass jemand zu leichtsinnig ist und er selber schuld ist an seinem Unglück, spielt bei der Einschätzung leider oft keine Rolle mehr.
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