Monopoly gegen Millionen: Der Kampf um den FSW
Monopoly-Anleihe im Kampf um den Frankenschnellweg: Die Gegner des kreuzungsfreien Ausbaus werben mit der Kampagne zurück-auf-los.de für ein Bürgerbegehren. | Illustration: © Paul Blotzki
„Zurück auf Los“ – Die Brettspiel-Kampagne
Das erzkapitalistische Brettspiel „Monopoly“ hat den Gegnern des kreuzungsfreien Ausbaus des Frankenschnellwegs das Motto geliefert: „zurück-auf-los.de“ heißt die Plakatkampagne, mit der derzeit in Nürnberg für Unterschriften gegen den kreuzungsfreien Ausbau und für ein Bürgerbegehren geworben wird.
Ob die Imageanleihe erfolgreich sein wird und die Zahl der benötigten Unterschriften erreicht, ist noch offen. Immerhin gibt es zwei unterschiedliche Karten beim „Monopoly“: Gehe zurück auf Los und dann gibt es kein Geld. Gehe über Los, dann gibt es Geld. Sieger und Verlierer, wie es im Leben so üblich ist, liegen ganz nah beieinander. Wenn das Bürgerbegehren durchkommt, dann soll über den kreuzungsfreien Ausbau noch einmal neu nachgedacht werden. Das Planungs- und Beteiligungsverfahren läuft schon seit 20 Jahren.
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Frankenschnellweg: Der kreuzungsfreie Ausbau – alle Infos der Stadt Nürnberg
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Initiative: "Zurück auf Los" – Bürgerbegehren gegen den Ausbau des Frankenschnellwegs
Ziel: Stopp der Ausbaupläne für den Frankenschnellweg in Nürnberg
Erforderliche Unterschriften: 12.000 gültige Unterschriften werden benötigt
Unterstützer: Baulust e.V., Bund Naturschutz, VCD und andere Umweltorganisationen unterstützen das Bürgerbegehren
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Gerichtsentscheidung: Das Bundesverwaltungsgericht hat im März 2024 die Beschwerde des Bund Naturschutz abgewiesen, wodurch der Ausbau rechtlich möglich wurde.
Sammlungsfrist: Bürgerbegehren haben nach bayerischem Recht eine begrenzte Sammlungsfrist für die Unterschriftensammlung.
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Gesamtkosten: 1 Milliarde Euro
Finanzierung: Bund/Land/Stadt
Kostensteigerung: von 400 Mio auf 1 Mrd
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Baubeginn: voraussichtlich 2027
Bauzeit: ca. 10 Jahre
Fertigstellung: ca. 2037
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Verkehrsverbesserung: Bessere Verkehrsführung und weniger Stau durch kreuzungsfreien Ausbau
Stadtteilentlastung: Weniger Autoverkehr in den angrenzenden Stadtvierteln
Verkehrsentlastung: Mehrere tausend Fahrzeuge täglich sollen von der B4 R auf den ausgebauten FSW verlagert werden (laut Planfeststellung).
Lärmschutz und Gesundheit: Anwohnerinnen und Anwohner profitieren von 3 km Lärmschutzwänden und 1,8 km langer Tunnel eleminiert Lärm zusätzlich.
Neue Grünflächen: Neuer Stadtteilpark auf dem Tunneldeckel, Große Bäume möglich durch hohe Überdeckung und 5 km neue Rad- und Gehwege.
Stadtteilverbindung: Verbindung zwischen Südstadt, St. Leonhard, Gostenhof, Gibitzenhof und Sandreuth = Ende der Trennung durch die Verkehrsschneise.
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Gesundheitsrisiken: Befürchtungen wegen Lärm- und Schadstoffbelastung; Belastung während der jahrelangen Bauphase
Umweltprobleme: Überschwemmungsgefahr bei Starkregenereignissen, da der FSW schon jetzt Regenmengen nicht auffangen kann
Mehr Verkehr: Befürchtung, dass mehr Verkehr in die Stadt gelockt wird
Hohe Kosten: Kritik an den Projektkosten von knapp einer Milliarde Euro
Klimaschutz: Argumente gegen den Ausbau aus Klimaschutzgründen: weitere Flächenversiegelung für ein veraltetes Verkehrskonzept
20 Jahre Planung: Alternativen erschöpft
Dabei wird von den Gegnern so getan, als ob keine Planungsalternativen im Vorfeld geprüft wurden, was falsch ist. Man kann den kreuzungsfreien Ausbau selbstverständlich ablehnen. Was aber nicht stimmt, ist, dass es auf baulicher Seite noch substanzielle neue Alternativen gibt, an die noch nicht gedacht wurde.
Grüne Alternative: Alter Wein in neuen Schläuchen
Die von den Grünen zuletzt präsentierte „ganz neue“ Alternative, bei der Auffahrten auf den Frankenschnellweg gekappt werden, wurde schon vor 20 Jahren analysiert.
Klar, dann nutzen weniger Autofahrer und Autofahrerinnen die Bundesstraße Frankenschnellweg und das Bauwerk kann kleiner geplant werden. Aber mit dem Neubau sollen doch Autos aus den angrenzenden Stadtteilen abgezogen werden, damit der Verkehr auf dem Frankenschnellweg gebündelt wird. Die Fürther Straße könnte dann verkleinert und zu einem Boulevard umgebaut werden. Wer aber keine Möglichkeit zur Auffahrt auf den Frankenschnellweg hat, der kann auch nicht Straßen in den Stadtvierteln entlasten.
Dass der Planungsprozess sehr differenziert abgelaufen ist und Alternativen intensiv diskutiert wurden, haben die Richter in den juristischen Verfahren ausdrücklich gewürdigt, deshalb hat der Bund Naturschutz auch auf drei Ebenen von Verwaltungsgerichten verloren.
Noch dazu ist der aktuelle Ausbauplan des Frankenschnellwegs Teil des Luftreinhalteplans der Stadt Nürnberg, der vom Grünen Umweltreferenten Peter Pluschke zwölf Jahre lang verantwortet wurde. Von einer Gegnerschaft des Fachmanns gegen den Ausbau des Frankenschnellwegs war in der Vergangenheit nichts zu hören.
Parteien: Wer bietet mehr Luftschlösser
Da unterschiedliche Gruppen und Parteien Unterschriften für das Bürgerbegehren sammeln, sind die Begründungen für den Widerstand gegen den Frankenschnellweg sehr verschieden. Die ÖDP will statt des Frankenschnellweg-Ausbaus lieber eine „zukunftsgerichtete Mobilität“ und deshalb zurück auf Los. Autos haben offenbar keinen Platz mehr. Ja, das Netz von Bussen und Bahnen kann immer noch dichter geknüpft werden, aber auch in der Zukunft wird es keinen kompletten Ersatz von Autos geben. Mobilität bedeutet auch individuelle Mobilität mit dem Pkw.
Bürgerbegehren “zurück-auf-los.de” mobilisiert mit einem Vorher-Nachher-Vergleich gegen den Ausbau des Frankenschnellweg.
ÖDP: Eigenes Bild mit Scheuklappen
Der Wunsch der ÖDP „mach dir ein eigenes Bild“, ist wohl nicht ganz ernst gemeint: Die Simulation, wie schlimm der ausgebaute Frankenschnellweg einmal sein wird, sollte er gebaut werden, ist nicht maßstabsgerecht. Der FSW wird von der Größe her regelrecht dämonisiert und die Alternative, der Park, wird zur Idylle inszeniert. Das ist fast schon eine Lüge mit Bildern. Diese Überzeichnung geht aber natürlich auf politischen Plakaten.
Die ÖDP-Forderung „entsiegeln und entschleunigen“ ist natürlich wichtig beim Umbau von Städten angesichts des Klimawandels, doch wo fahren dann die Autos, die bislang den Frankenschnellweg genutzt haben? Und entschleunigen? Das lässt sich wunderbar mit Staus auf dem Frankenschnellweg bebildern. Zeitverschwendung und unnötiger Kraftstoffverbrauch wären die Folgen.
Ludwig Hager, immerhin ÖDP-Vorsitzender von Nürnberg, macht es sich schon sehr einfach, wenn er auf seinem Plakat schreibt: „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.“ Diese logisch schiefe Vorhersage ist seit Jahrzehnten in Gebrauch. Sie wird aber durch die langfristige Verwendung nicht besser: Der Verkehr ist doch da, sonst würde kein Straßenausbau nötig sein und wenn es mehr Verkehr auf dem Frankenschnellweg werden sollte, dann führt das zu einer Entlastung anderer Stadtteile. Der Verkehr überfällt uns nicht als Saatgut, sondern er ist von uns Menschen gemacht.
Linke: Generationen-Pump für Gratis-Mobilität
Strategisch sehr geschickt geht die Linke vor. Sie hat das Werben um Unterschriften für ihre Partei mit Versprechungen, die keiner bezahlen kann, gekapert. Kathrin Flach Gomez begründet ihr Nein zum Frankenschnellweg mit den Worten „Bus und Bahn stärken“. Und „Lieber günstig mobil, als Millionengrab FSW“. Offenbar sollen mit dem Geld, das für den Ausbau des Frankenschnellwegs vorgesehen ist, die Tarife bei Bussen und Bahnen noch stärker subventioniert werden.
Die Stadt Nürnberg wird bei den Haushaltsberatungen im Herbst weit über 100 Millionen an Zuschüssen für die VAG 2026 einplanen müssen. Würde die VAG nach dem Willen der Linken noch mehr Geld bekommen, dann müsste die Stadt Nürnberg weiter Schulden machen. Finanzieren müsste das die nächste Generation.
Schüller: Fahrpreise runter, Realität raus
Angenehm für uns, wenn wir fast kostenlos dann mit dem ÖPNV unterwegs sind und es dann andere bezahlen müssen. Mit dem Deutschlandticket sind die Tickets im Nahverkehr aber schon jetzt sehr günstig. Der Tunnel für den Frankenschnellweg wäre, wie bei der U-Bahn, nach einigen Jahren abbezahlt.
Simon Zeitler von den Linken macht es sich bei seiner Ablehnung des Frankenschnellwegs ganz einfach: „Öffis statt Autos“. Ohne Autos wird es aber nicht gehen. Die Stadtgesellschaft ist hochkomplex und braucht nicht nur Busse und Bahnen, sondern auch den Individualverkehr. Das ÖPNV-Netz ist in Nürnberg sehr gut geknüpft.
Der Linke-Stadtrat Titus Schüller ist ebenfalls sehr schlicht, aber mit einer eindeutigen Botschaft: „Fahrpreise runter. Nein zum Neubau des Frankenschnellwegs.“
Auch hier gilt: Angesichts der schwierigen Kassenlage und der Notwendigkeit zahlreiche Investitionen in die Infrastruktur in den nächsten Jahren zu tätigen, darf die öffentliche Hand Fahrpreise nicht immer stärker auf Pump finanzieren.
Alltäglicher Stau auf dem Frankenschnellweg: Während die Kosten für den Ausbau auf 1 Milliarde Euro explodierten, bleibt das Verkehrsproblem ungelöst.
Kostenexplosion: Wer trägt die Verantwortung?
Die Kosten für den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs wurden von den Gegnern von 400 Millionen Euro auf 1 Milliarde Euro hochgetrieben, weil sie die von der Stadt Nürnberg angebotenen Kompromisse nicht mitgetragen haben. Es ist fast grotesk, dass jetzt das Kostenargument gegen einen kreuzungsfreien Ausbau eingesetzt wird.
Fotos: © André Fischer und Janine Beck
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