FSW: Schon wieder auf ein Neues?
Nürnberger Stadtentwicklung im Stau. | Illustration: Paul Blotzki
Der ausgebremste Ausbau
Wer Lokalpolitik macht, der benötigt Fakten, um seine politischen Wünsche auf eine rationale Ebene zu stellen. Die Bereiche des Glaubens, Wünschens und Meinens ermöglichen nur windelweiche Diskussionen und sorgen kurzfristig wie langfristig für keine Lösungen von Problemen. Sie behindern auch die Transparenz von Entscheidungen.
Wenn Abwägungen Für und Wider von Entscheidungen getroffen werden, dann sind überprüfbare Argumente und belastbare, sprich nachvollziehbare Messungen und Fakten notwendig, sonst werden schwierige Lösungen, die den Bürgern erst einmal etwas zumuten, nicht akzeptiert und es entsteht der Eindruck, dass Denkgewohnheiten und das Fehlen von kritischem Denken zu einer Entscheidung geführt haben. Vor allem in der Verkehrspolitik wird viel „gemeint“ und mit „das ist doch klar“ diskutiert.
Die Bürger sollen mitentscheiden, damit die Lokalpolitik vor Ort nicht gegen die Interessen der Bürger entscheidet. Das ist gut. Es gibt Bürgerbefragungen und Bürgerentscheide. Der Verein Baulust, der Verkehrsclub Deutschland und der Verein Stadtkanal wollen in Nürnberg ein Bürgerbegehren gegen den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs durchführen.
Derzeit befassen sich die Richter am Verwaltungsgerichtshof in Leipzig mit einer Nichtzulassungsbeschwerde des Bund Naturschutz: Die untere Instanz, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München, hatte in seiner Entscheidung verfügt, dass gegen das Planfeststellungsverfahren für den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs nicht weiter geklagt werden kann und der Gang nach Leipzig zur höheren Instanz nicht möglich sei.
Es seien alle Einwendungen und Fakten bei dem Planfeststellungsverfahren berücksichtigt worden. Der Ausgang des Verfahrens über die Nichtzulassung in Leipzig ist noch offen. Sollte die Klage zugelassen werden, dann liegt die Entscheidung zum Frankenschnellweg wahrscheinlich noch einmal vier Jahre auf Eis.
Die Inflation fährt mit
Parallel wurde jetzt zusätzlich ein Bürgerbegehren ins Spiel gebracht, um den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs zu verhindern. Die Taktik der Gegner ist seit zehn Jahren eindeutig. Es wird auf Zeit gespielt, bis das Projekt durch die Verzögerungen so teuer ist, dass es nicht mehr bezahlbar ist.
Die wichtigste Begründung der Gegner ist, dass Durchgangsverkehr zusätzlich angezogen und der kreuzungsfreie Ausbau zu teuer wird. Die Befürworter des Ausbaus sehen keine andere Lösung, um die Anwohner vor Lärm und Abgase zu schützen und um Staus zu vermeiden, als den Bau eines Tunnels.
Bei einer sehr umfangreichen Befragung der Nutzer des Frankenschnellwegs einige Jahre nach der Jahrtausendwende kam heraus, dass über 80 Prozent der Autofahrer aus Nürnberg und der Region kommen. Er ist also auch keine Abkürzungsroute im großen Stil für den Durchgangsverkehr: Der größte Teil des Verkehrs, der für Staus sorgt, ist schon da und er muss anders als bisher geführt werden, wenn sich etwas ändern soll.
Die Behauptung, dass neuer Durchgangsverkehr angezogen wird, dürfte sich bei einem Verbot für Lkw über 7,5 Tonnen, die den Frankenschnellweg als Abkürzungsroute benutzen und es eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 60 Kilometer in der Stunde gibt, stark in Grenzen halten. München hat es mit seinem Mittleren Ring vorgemacht. Es geht. Ohne die Tunnels würde die Landeshauptstadt im Verkehr ersticken.
Das Lob von Journalistischer Seite, das jetzt auf die Initiatoren des Bürgerbegehrens herabprasselt, ist einfach nicht genügend durchdacht. Die 15.000 Unterschriften, die für ein Bürgerbegehren benötigt werden, dürften schnell beisammen sein. Gegnerschaft lässt sich leicht aktivieren. Da kann man Muskeln spielen lassen. Es müssen ja keine Problemlösungen geboten werden.
Dass 2008 und 2014 SPD und CSU bei den Kommunalwahlen den kreuzungsfreien Ausbau versprochen haben und die Bürger über das Konzept deshalb mit abgestimmt haben und es eine eindeutige Mehrheit für den kreuzungsfreien Ausbau im Stadtrat gegeben hat, wird von den Gegnern des Ausbaus verschwiegen.
Frankenschnellweg, Abzweig An den Rampen. | Foto: © Janine Beck
„Lieber zurück auf Los” wird teuer
Der Titel des Bürgerbegehrens soll „Lieber zurück auf Los“ heißen. Damit wird suggeriert, dass zu wenig nachgedacht und zu wenige nach Alternativen gesucht wurde. Das stimmt nicht und wird auch durch Wiederholung nicht besser. 2002 lag eine fertige Planung für den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs vor, die CSU und Freie Wähler initiiert hatten. Nach seinem Wahlsieg ging der neue OB Ulrich Maly „Lieber zurück auf Los“ und verwarf die großzügigen Planungen für den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs.
Es begann eine fünf Jahre dauernde intensive Suche nach Alternativen zum kreuzungsfreien Ausbau. Es konnten sich alle einbringen: u.a. Bund Naturschutz, VCD, Grüne und Bürgervereine, die heute so strikt dagegen sind. Es gab aber keine, die verkehrlich überzeugte.
Zuletzt vorgeschlagen wurde in diesem Zusammenhang auch die wieder ins Spiel gebrachte kleine Lösung, die kaum Zu- und Abfahrten zu und vom Frankenschnellweg vorsieht, und von der Stadt ohne Unterstützung vom Land finanziert werden müsste. Dann würde aber der Frankenschnellweg keine Bündelungsfunktion entwickeln, und die angrenzenden Stadtteile würden nicht vom Verkehr entlastet werden. Es wäre ja schön, wenn etwa die Fürther Straße zu einem Boulevard mit nur noch zwei Straßenspuren umgebaut werden könnte.
Wer gegen den kreuzungsfreien Ausbau ist, der muss auch sagen, dass er keine tragfähige Lösung für das aktuelle Verkehrsaufkommen hat. Immerhin wird über die aktuelle Lösung seit 25 Jahren diskutiert. Noch eins: Bei Bürgerbegehren dürfen nur die Nürnbergerinnen und Nürnberger abstimmen. Nutzer aus Feucht und Erlangen schauen in die nicht gebaute Röhre.
Zurück auf Los: Frankenschnellweg-Gegner starten neuen Versuch per Bürgerbegehren.