Es geht nur um Propaganda

 
 

Ehemaliges Reichsparteitagszentrum: Kein Erlebniszentrum der Geschichte

 
 

Wenn es um die Erklärung der nationalsozialistischen Aktivitäten in Nürnberg geht, ist das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände eine Erfolgsgeschichte. Es werden geschichtliche Zusammenhänge dargestellt und Strategien erläutert, wie Nazis Menschen manipuliert und zum Schlechten angeleitet haben.

Im Gegensatz zu fast allen von Nationalsozialisten geprägten Orten, kann das Reichsparteitagsgelände aber keine Gedenkort sein, der an die von Nationalsozialisten und Nationalsozialistinnen gequälten und getöteten Menschen erinnert: Es kann nur das nationalsozialistische Propagandasystem und die NS-Ideologie der Täter dokumentiert werden. Nach wie vor ist das Interesse von Besucherinnen und Besuchern an den steinernen Nazi-Hinterlassenschaften und die damit verbunden Geschichte groß.

Verbesserung der Beschilderung nach langjähriger Ignoranz

Es ist deshalb richtig, dass die Ausstellungsräume des Dokumentationszentrums baulich erweitert werden. Es ist auch richtig, dass nach Jahrzehnten der Ignoranz endlich auch der Bahnhof Märzfeld in Langwasser, von dort starteten die Züge mit den Deportierten in die Vernichtungslager, erläutert und angemessen präsentiert und dass die Beschilderung nach fast 20 Jahren verbessert wird. Das ist überfällig.

Dass der Goldene Saal im Rahmen der Erhaltungsmaßnahmen für die Steintribüne zugänglich gemacht wird, um einen Eindruck von der maßlosen Wichtigtuerei Hitlers zu bekommen, ist angemessen. Schließlich hat die Stadt vor kurzem den Bahnhof Dutzendteich gekauft. Es soll als Anlaufstelle für das Gelände, Seminarraum und pädagogischer Lernort dienen.

 
 

Das Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände

Von 1933 bis 1938 hielten die Nationalsozialisten in Nürnberg ihre Reichsparteitage ab. Noch heute zeugen die Reste der damals errichteten Großbauten von der Inszenierung dieser Propagandaschauen. Während der bis voraussichtlich 2025 dauernden Umbaumaßnahmen vermittelt eine Interimsausstellung ein umfassendes Bild der Geschichte des Areals sowie der Reichsparteitage. Auf dem 4 km² großen Reichsparteitagsgelände selbst informieren Tafeln über die Historie des jeweiligen Standortes.
Hinweis: Die Dauerausstellung ist aktuell geschlossen!

Quelle: Museen der Stadt Nürnberg

 
 
 

Nachhaltige Nutzung und Sensibilisierung in der Zukunft

Die Stadt muss aber aufpassen, dass das Reichsparteitagsgelände nicht zu einer Art Erlebniszentrum für negative Geschichte wird. Nach dem Motto „Schau mal hin, da hat der Hitler gestanden“. Das Areal war die Schauseite der Nazis, die mit geschickten Inszenierungen, von Lichtdomen über Fotomanipulationen bis hin zu Kampfaufführungen, die Massen auf einen großen Krieg einstimmen wollten.

Es ging weniger um Verführung, denn Nazis waren die Besucher der Reichsparteitags schon, sondern um Einschüchterung und um die Darstellung von Macht. Auch gegenüber ausländischen Besuchern. Es lässt sich vom Reichsparteitagsgelände aus aber nicht die ganze Geschichte des Nationalsozialismus erklären, wohl aber wie Menschen vereinnahmt, formatiert und ideologisch ausgerichtet werden.

 
 
  • Bayernstraße 110

    90478 Nürnberg

    Eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln wird empfohlen, da aktuell keine Parkplätze zur Verfügung stehen.

    ☎️ 0911/231-75 38 (Montag bis Sonntag: 10 – 16 Uhr)

    🌐 Homepage

  • Das Dokuzentrum wird umgebaut, die bisherige Dauerausstellung ist aktuell geschlossen. In der großen Ausstellungshalle präsentiert die Interimsausstellung "Nürnberg – Ort der Reichsparteitage. Inszenierung, Erlebnis und Gewalt" in kompakter Form die Geschichte der Reichsparteitage sowie des Geländes.

    Alle anderen Räumlichkeiten des Hauses sind derzeit nicht begehbar.

  • Erwachsene: 6 EUR

    Ermäßigt + Nürnberg Pass: 1,50 €

    Gruppen (ab 15 Pers.): 5 € p.P.

    Kleingruppenkarte 1: 6,50 €

    Kleingruppenkarte 2: 12,50 €

    Quelle: Museen der Stadt Nürnberg

 
 

Die steinernen Nazi-Bauten sollten allein in das Propagandasystem der NSDAP eingebettet werden, um die Inszenierungsqualitäten als politische Lügen deutlich zu machen. Mehr kann man mit den steinernen Zeugnissen nicht erzählen. Das pädagogische Ziel des Dokumentationszentrums sollte sein, sich ideologisch nicht vereinnahmen lassen.

Das menschenverachtend Böse sieht immer wieder anders aus. Je weiter der historische Ansatz, desto unkonkreter wird die Ausstellung.

 
 
 
 

 
 

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