Die versäumte Modernisierung

 

Vernachlässigte Einrichtungen am Bildungscampus. | Fotos: © Janine Beck

Nürnbergs teuerster Nicht-Umzug

Erinnern Sie sich noch, als in der letzten Stadtratsperiode der damalige OB Ulrich Maly darauf hinwies, dass das Bildungszentrum (BZ) am Gewerbemuseumsplatz doch aufgegeben werden könnte und es möglich wäre, das ganze Gebäude dem Nürnberger Ableger des Gesundheitsministeriums, das nach Räumen suchte, zuzuschlagen? Maly berief sich damals darauf, dass von den Nutzern des Bildungszentrums der technische Zustand des BZ und die Aufenthaltsqualität immer wieder kritisiert wird. Der Alt-OB brachte einen neuen BZ-Standort ins Spiel. Das Gesundheitsministerium wäre dann nicht auf zwei Standorte in Nürnberg verteilt. Mit München und Nürnberg sind es schon zwei Standorte.

Die Gegner eines neuen Standorts entfachten einen regelrechten Kommunikationswirbel: Es gebe gar keine großen Baumängel, der Standort sei außerdem ideal, so hieß es. Mit dem Bildungszentrum am Gewerbemuseumsplatz verfüge das BZ zudem über ein identitätsstiftendes Gebäude. Tiefer gehende Überlegungen über die Qualität des BZ fanden nicht statt.

Doch Maly hat im Nachgang recht behalten. In einem Sachbericht zum Investitions- und Modernisierungsbedarf des Bildungscampus, der in diesen Tagen veröffentlicht wurde, gibt es eine lange Liste von Mängeln bei den einzelnen Einrichtungen des Bildungscampus, die behoben werden müssen.

Es betrifft viele Menschen. Immerhin 1,2 Millionen Menschen nutzen jedes Jahr die Angebote des Bildungscampus. Dazu gehört auch das Bildungszentrum. Angesichts der hohen Nutzerzahl ist es auch kein Wunder, dass regelmäßig saniert werden muss. Der Bildungscampus zieht deutlich mehr Nutzer an als der Nürnberger Tiergarten Besucher.

Überschaubare Kosten, erhebliche Auswirkungen

Die 35 Kursräume im Bildungszentrum samt ihrer Einrichtung stammen aus dem Jahr 1995 und müssen dringend saniert werden. Die technische Infrastruktur ist inzwischen veraltet. Der Schulungsbetrieb leide unter einem instabilen WLAN, heißt es in dem Bericht der Kulturverwaltung. Die Aufenthaltsqualität und das Leitsystem müsse ebenfalls deutlich verbessert werden. Das ist im Grunde eine Generalüberholung, denn auch das frühere Café Campus wird für 270.000 Euro zu einem Servicezentrum umgebaut.

Die Chance, ein neues Bildungszentrum mit neuester technischer Ausstattung zu beziehen, ist allerdings vertan. Es wird bei einer Dauersanierung bleiben. Wenn das nicht geschieht und beim Bauunterhalt Pausen gemacht werden, dann wird das zu einem späteren Zeitpunkt zu extrem hohen Modernisierungskosten führen, die natürlich nicht allein von der Stadt übernommen werden, sondern auf die Besucherinnen und Besucher des BZ umgelegt werden müssen.

Stadtbibliothek: Junger Bau mit alten Problemen

Was aber dann doch verwundert, ist der Sanierungsbedarf der erst 12 Jahre alten Stadtbibliothek, die neben dem Bildungscampus liegt. Die Drehtür am Haupteingang, die schon 2012 kurz nach der Eröffnung bei schlechtem Wetter hakte, bereitet noch immer Probleme und ist regelmäßig defekt. Das ist unglaublich und ein Planungsfehler, der schon längst hätte behoben werden müssen. Was passiert, wenn es Feueralarm gibt und die Drehtür klemmt?

Noch unglaublicher ist, dass sich die Sanitäranlagen im Untergeschoss der Stadtbibliothek im Wesentlichen noch im Zustand von vor der Generalsanierung im Jahr 2012 befinden und nicht barrierefrei sind. Sie müssen deshalb dringend modernisiert werden, heißt es im Bericht der Kulturverwaltung. Warum wurden die Toiletten bei der Generalsanierung nicht mitgemacht? Schlamperei oder ein falsches Verständnis von Sparen? Nur die Stadt selber kann sich solche Planungsfehler genehmigen.

Dabei geht es nicht einmal um so viel Geld. Toiletten, Drehtür und Klosterinnenhof wären für 410.000 Euro zu sanieren. Macht es einfach! Da die Ersatzteile für die Sortieranlage langsam ausgehen, muss auch diese komplett ersetzt werden. Kosten: 450.000 Euro.

Katharinensaal: leider unsaniert

Dass beim Bau des Bibliotheksneubaus das Katharinenkloster, das die Abteilung Sachliteratur beherbergt, nicht saniert wurde, war ein grober Fehler. Dach, technische Leitungen, Lüftungsanlage und der Brandschutz müssen erneuert werden, sonst droht die Schließung. Kosten: Fünf Millionen Euro. Im Zuge des Neubaus wurden damals die Gesamtkosten schöngerechnet, so dass der Kostenrahmen eingehalten wurde. Mehrfache Baustelleneinrichtungen und Bauarbeiten in einem Haus sind nicht nur unangenehm, sondern auch teuer.

Planetarium: Technik aus vergangenen Zeiten

Der größte Sanierungsbedarf innerhalb des Bildungscampus besteht beim Nicolaus-Copernicus-Planetarium. Zuletzt wurde es 1961 saniert. Wer es kennt, der weiß um die historische Anmutung der Innenausstattung des Gebäudes am Plärrer. Soundanlage, Projektionstechnik und Leinwand müssen dringend überarbeitet oder ausgetauscht werden, weil sie aktuellen Standards nicht mehr entsprechen. Das Planetarium steht im Wettbewerb mit Konkurrenten wie den Kinos und kann nicht mehr mithalten. Es wurde zwar in der Vergangenheit immer wieder etwas am Bauunterhalt für das Planetarium gemacht, doch insgesamt war es zu wenig.

Es sind alles keine riesigen Summen. Doch angesichts der großen Zahl von Nutzerinnen und Nutzern könnte die Stadt viele Pluspunkte bei den Bürgern sammeln: Marode Toiletten, die noch dazu für Menschen mit Handicap nur schwer zu erreichen sind. Eine Eingangstür, die klemmt. Ein instabiles WLAN-System bei Fortbildungen und fehlender Brandschutz sind für die 1,2 Millionen Nutzinnen und Nutzer nicht hinnehmbar.

 

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