Schöngeredet: Vom eisigen Erfolg und der Baumschule auf dem Hauptmarkt

 

8.000 Menschen drehten auf der Kunsteisbahn ihre Runden. | Fotos: © Janine Beck

Die subventionierte Schlitterpartie

Unter dem Titel “Eisiger Erfolg” erschien in diesen Tagen in der regionalen Presse eine Bilanz der “Winterwelt” auf dem Hauptmarkt. Wenn Bilanzen vorgestellt werden, dann fallen sehr selten kritische Worte. Selbstkritik war nicht zu erwarten.

Aber die Lobhudelei der Verantwortlichen über das Fahren mit Schlittschuhen auf dem Hauptmarkt war schon ein starkes Stück. Dass diese Aktivitäten nicht auf den Hauptmarkt passen und dass das Wohnzimmer Nürnbergs als billige Kulisse missbraucht wird, das hatten wir an dieser Stelle schon. Bei der Kritik an der Bilanz geht es nicht um die untergrottische Gestaltung der Hüttenansammlung, sondern um Schönrednerei, und vor allem um Schönrechnerei.

Illustration Paul Blotzki Sparhaushalt Nuernberg

Umzugskosten: 40.000 Euro | Illustration: © Paul Blotzki

40.000 Euro hat die Stadt Nürnberg bei den Haushaltsberatungen im Herbst locker gemacht, um die Eisbahn, die dem Post SV gehört, von Ebensee auf den Hauptmarkt zu verlegen.

Zur Erinnerung: Die Stadt Nürnberg plagen rund zwei Milliarden Euro Schulden und die Subvention der Eisbahn fand im Rahmen eines Sparhaushalts statt.

Es geht auch nicht darum, das Eislaufen zu verhindern, aber Interessierte hätten eben nach Ebensee und nicht zum Hauptmarkt fahren müssen. Das muss eine Stadt nicht subventionieren.

Wie sieht die Rechnung aus, die für den “eisigen Erfolg” aufgemacht wurde? An 37 Tagen konnte die Kunsteisbahn auf dem Hauptmarkt genutzt werden. Das bedeutet, dass die Stadt das Eislaufen mit 1.081 Euro pro Tag subventionierte. Da sind die Lohnkosten der Beteiligten zum größten Teil schon locker abgedeckt. Nach Angaben der Veranstalter haben im Durchschnitt 250 Personen das Eislaufangebot pro Tag genutzt. An Spitzentagen sollen es sogar 500 gewesen sein.

Winterwelt auf dem Hauptmarkt

37 Tage Schlittschuhlaufen für durchschnittlich 250 (eher 216) Personen auf dem Hauptmarkt. Die Stadt investierte täglich 1.081 Euro für dieses Vergnügen.

Da passt aber etwas nicht zusammen. In dem Artikel gibt der Vorstandsvorsitzende des Post SV, Andreas Neugebauer, die Gesamtzahl der Nutzer mit 8.000 Personen an. Wer diese Zahl durch 37 Tage teilt, kommt allerdings nur auf durchschnittlich 216 Nutzer pro Tag. Das ist deutlich weniger als 250, die offiziell genannt wurden. Wer die Situation regelmäßig beobachtet hat, hält die niedrigere Zahl für wahrscheinlicher.

Indirekt wird auch noch zugegeben, dass der Publikumszuspruch nicht gerade prickelnd war, denn es wird überlegt, künftig an den Randzeiten Angebote für Schulklassen zu machen. Wenn Schulunterricht tatsächlich für die Mini-Eisbahn ausfallen würde, dann braucht sich niemand mehr über fehlende Grundkenntnisse der Schülerschaft zu beschweren. 

1.081 Euro pro Tag zahlt die Stadt, dass gerade einmal 216 Personen Schlittschuhe anziehen können. Aber auch wenn es 250 wären, sind das zu wenig. Zu den Subventionen kommen auch noch Leihgebühren für Schuhe und sechs Euro pro Stunde Laufzeit für Erwachsene hinzu. Kein schlechtes Geschäft. Die Eisfläche soll im nächsten Jahr von 350 auf 500 Quadratmeter erweitert werden. Dann werden die Zuschüsse der Stadt wohl auch noch steigen.

Wer die Grundrechenarten beherrscht und Steuerzahler ist, der muss zu solchen privaten Vergnügungen, die keine Aufgabe der Stadt sind, sagen: “Nein”!

Winterzauber ohne Wirkung

Dass dann auch noch behauptet wird, mit der Eislaufbahn sei “Frequenz” in die Stadt gebracht worden, kann nur als Wunschdenken bezeichnet werden. 216 Personen fallen in der Altstadt doch kaum auf. Zum Einkaufen oder Essen werden wohl nur die wenigsten gegangen sein. Dass das als Belebung der Innenstadt verkauft wird, klingt nach einer Fortsetzung des Märchens “Des Kaisers neue Kleider”.

Wer sich in den Geschäften am Hauptmarkt umhört, der erfährt, dass nur wenig los war – ausgenommen sind einige Abendstunden und der Samstagnachmittag. Die Umgebung des Hauptmarkts hat praktisch nicht profitiert. Das passt mit den Erfahrungen der Referentinnen Cornelia Trinkl (Schule) und Andrea Heilmaier (Wirtschaft) zusammen, die so gut wie keine Beschwerden bekommen haben. War halt auch nix los.

Dass sich die Markthändler, die sonst ihre Waren am Hauptmarkt verkaufen, nicht beschwert haben, liegt daran, dass sie ihre Buden viel lieber Richtung Lorenzkirche als auf dem Hauptmarkt aufbauen, denn da ist dann tatsächlich mehr Frequenz, sprich Kunden, die etwas kaufen. Was die Markthändler tatsächlich ärgert, ist der ständige Auf- und Abbau am Hauptmarkt im Verlauf des Jahres.

Dass Denny Morawski, der mit seiner Reisegastronomie für Essen und Trinken bei der “Winterwelt” zuständig war, von einem “super” Geschäft schwärmt, wundert nicht, denn wo noch profitieren Schausteller von städtischen Subventionen? Vielleicht in Fürth, wo Morawski herkommt und die neue Wirtschaftsreferentin Heilmeier auch?

Wir sind gespannt, ob tatsächlich im nächsten Jahr die Eisfläche, die dann auch für Eisstockschießen herangezogen werde soll, tatsächlich vergrößert wird und was sich die Stadt das kosten lässt. Vielleicht könnten im Sommer auch Boule-Freunde auf dem Hauptmarkt zum Zug kommen. Oder gar eine Schwimmschule mit einem mobilen Bad für Anfänger?

Baum auf dem Hauptmarkt Nuernberg

Bäume auf dem Hauptmarkt: Sinnvoll oder naive Symbolpolitik?

Hier wurde aber die Rechnung ohne den Bund Naturschutz gemacht, denn die Eisbahn lässt sich noch toppen. Zusammen mit dem Bürgerverein Altstadt schlug der BN doch tatsächlich vor, 34 Bäume auf dem Hauptmarkt zu pflanzen, um die Folgen des Klimawandels zu begrenzen. Als Krone des Unsinns wurde auch noch eine kleine, mobile Grünanlage in der Mitte des Platzes in den visionären Raum gestellt.

Piazza Navona Roma ohne Baeume

Morgens um sieben auf der Piazza Navona in Rom. | Foto: © Janine Beck

Wer käme denn auf die Idee, die Plätze in Siena, Rom, Lyon, Florenz, Turin, Wien, Prag oder Berlin mit Bäumen oder anderen gut gemeinten Objekten zuzustellen? Wer die Wahrnehmung von historischen Gebäuden und Plätzen beeinträchtigen will, der pflanzt sie zu. Touristen kommen doch nach Nürnberg, um die Altstadt anzuschauen. Sie wollen aber keine Baumschule besuchen. 

Der Hauptmarkt ist einer der schönsten Plätze in Deutschland und wird als Veranstaltungsplatz in Nürnberg intensiv genutzt. Ja, der Klimawandel mit seinen steigenden Temperaturen wird uns noch zu schaffen machen. Aber darauf müssen wir uns auch als Menschen einstellen. Da geht man eben nicht im Sommer um 12 Uhr mittags einkaufen. Es ist sinnlos, eine Baumallee zwischen Weinmarkt und Hauptmarkt zu pflanzen, um etwas gegen den Klimawandel zu machen. Das ist mindestens eine naive und teure Wichtigtuerei.

Pflanzt Alleen, wo Menschen wohnen!

In Nürnberg gibt es Dutzende Plätze und Straßen, bei denen Baumpflanzungen sinnvoll sind. Der Hauptmarkt gehört mit Sicherheit nicht dazu. Von den Kosten des Platzumbaus einmal abgesehen. Unter den Pflastersteinen liegen viele Gewerke, die bislang jede Umgestaltung verhindert haben.

 

 

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