20 Jahre Europäische Metropolregion
Machtlos auf dem Papier, mächtig in der Praxis
Die Europäische Metropolregion Nürnberg (EMN) feiert derzeit 20. Geburtstag. Die Zahlen, die ihre Bedeutung markieren, sind gewaltig. Hinter der EMN versammeln sich 3,6 Millionen Einwohner, 23 Landkreise und elf kreisfreie Städte, das Bruttoinlandsprodukt beträgt 151 Milliarden Euro, die Größe liegt bei 21.800 Quadratkilometern und die Exportquote beträgt 49 Prozent. Jeder zweite Euro wird im Ausland verdient. Sie ist eine der größten Metropolregionen in Deutschland.
Das war aber bei der Gründung nicht absehbar. Als 2003 der damalige Stadtrechtsdirektor Hartmut Frommer in der Nürnberger Zeitung einen lockeren Zusammenschluss von mittelfränkischen Städten und Landkreisen vorschlug, um gemeinsam in Europa und bei der EU besser wahrgenommen zu werden, konnte er nicht wissen, wie erfolgreich sich sein Konzept entwickelt. Im Gegenteil.
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Quelle: © metropolregionnuernberg.de
Weltmetropole München? Die EMN überholte leise
Die CSU-Landtagsabgeordnete Christl Schweder, auch noch aus Nürnberg!, wollte zunächst die Umsetzung der Europäischen Metropolregion Nürnberg verhindern, weil sie nicht stark genug sei, um im europäischen Konzert eine starke Stimme zu sein. Sie verwies dabei auf das wirtschaftlich viel stärkere München. Schweder, die auch einmal Staatssekretärin im Ministerium für Landesentwicklung war, hätte es besser wissen müssen.
München ist natürlich eine Weltmetropole, doch die stetig weiter wachsende Anzahl von Landkreisen und Städten in der Metropolregion Nürnberg haben gezeigt, dass ein Miteinander erfolgreicher sein kann, als die Fokussierung auf eine große Stadt. Die Metropolregion München spielt im politischen Alltag nur eine kleine Rolle, weil die Landeshauptstadt alles überlagert. Schweder wurde im Übrigen von der CSU politisch schnell entsorgt, denn die Schwarzen konnten den absehbaren Erfolg der Metropolregion Nürnberg den Sozialdemokraten nicht allein überlassen.
Die Metropolregion ist keine festgefügte politische Institution, mit Macht gegenüber anderen politischen Ebenen. Es ist ein flexibler Zusammenschluss von Städten und Landkreisen. Innerhalb dieses Bündnisses können sich unterschiedliche Akteure zusammenschließen und sich absprechen, um Projekte gemeinsam durchzuführen. Da geht es mal um Fördergelder von der EU oder um einen Zusammenschluss für ein Marketing.
Das bekannteste Marketingprojekt im Rahmen der EMN dürfte „Original regional“ sein. Inzwischen machen 1900 Direktvermarkter unter diesem Label mit und versuchen regional erzeugte Lebensmittel an die Kundschaft zu bringen. Kurze Transportwege, nachprüfbare Herkunft, frische und lokale kulinarische Besonderheiten sind die Vorteile dieser Produktpalette. Dazu gehören auch lokale Netzwerke wie die Moststraße, der Nördliche Oberpfälzer Wald oder Bierland Franken.
Verkehrsverbund VGN – der heimliche Superheld
Das wohl erfolgreichste Projekt der EMN ist die Erweiterung und Weiterentwicklung des Verkehrsverbunds Großraum Nürnberg (VGN). Das Gebiet des VGN ist inzwischen fast so groß wie die Metropolregion. Es reicht von Coburg und Hof im Norden, über Auerbach in der Oberpfalz bis hin zu Oettingen im Westen und Parsberg im Süden. Für die Nutzer ist dadurch vieles einfacher geworden. Inzwischen ist der VGN der zweitgrößte Verkehrsverbund in Deutschland.
Antreiber des Prozesses war der ehemalige Oberbürgermeister von Nürnberg, Uli Maly (2002-2020), der großen Wert darauf legte, dass Nürnberg nicht im Mittelpunkt stand. Er fürchtete, wahrscheinlich zu Recht, die Angst in den Landkreisen vor einem „Nürnberger Imperialismus“, der nur seine Interessen durchdrücken will. Nürnberg hielt und hält sich sehr zurück und nimmt auf die Befindlichkeiten der EMN-Mitglieder Rücksicht. In den ersten Jahren finanzierte die Stadt Nürnberg sogar die Geschäftsstelle der EMN. Maly ging es um eine langfristige Strategie und nicht um einen kurzfristigen Erfolg.
Kann ein politisches Netzwerk, das keine politische Macht hat, erfolgreich sein? Ja, es geht, denn es gibt die Macht des Wortes und des kommunikativen Austauschs. Macht können die politischen Akteure in der EMN nur über gemeinsame Absprachen und gemeinsames Handeln ausüben. Nicht über Abstimmungen. Gemeinsam ist man aber stärker und vor allem hat man einen längeren Atem. Regionale Politiker können zusammen Vorhaben auf den Weg bringen. Es müssen bei weitem auch nicht immer alle bei jedem Projekt dabei sein. Es gilt das Prinzip der Freiwilligkeit. Nur die, die im Einzelfall gemeinsame Interessen haben, werden auch aktiv. Ein gemeinsamer Rat, Foren, Diskussionsveranstaltungen sind die Arbeitsebenen.
2016 wurden Projekte im Bereich Energiewende angeschoben, 2020 kam eine Logistik-Kooperation zustande und zwischen 2013 und 2018 wurde versucht, das Motto „Heimat für Kreative“ mit Inhalt zu füllen. 2017 kam es zu einem Innovationspakt für nachhaltige Energiesysteme und intelligente Mobilität. Vertreter der EMN fahren gemeinsam zur Expo Real nach München und machen Werbung für ihre wichtigen Immobilienprojekte. Ein Transformationsnetzwerk für die Zulieferer der Automobilindustrie wurde gegründet, Wasserstoff und neue Materialien sind ein neues Vorhaben.
Die vielen Erfolge der EMN, die von einer kleinen Geschäftsstelle organisiert werden, gehen auch auf die langjährige Geschäftsführerin Christa Standecker zurück, die mit viel Überzeugungskraft und Geduld die Mitglieder immer wieder überzeugt hat, dass es wichtig ist, mitzumachen. Ein Selbstläufer wird die EMN aber nicht werden. Angesichts anstehender schwieriger Infrastrukturentscheidungen werden Disziplin und vor allem Solidarität noch viel stärker als in der Vergangenheit gefragt sein. Nur gemeinsam hat die Metropolregion Erfolg.
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Quellen: © youtube.com und Europäische Metropolregion Nürnberg