Nach Gerichtsentscheid und Förderzusage: Wann rollen die Bagger? | Fotos: © Janine Beck

 

Der lange Weg zum neuen Frankenschnellweg

In diesem Blog soll es eigentlich um die unterschiedlichsten planerischen Entwicklungen in Nürnberg gehen. Eigentlich ist so ein Wort, das deutlich macht, dass Umwege nötig sind und manchmal eben ein Projekt im Mittelpunkt steht.

Über den kreuzungsfreien Ausbau oder Nicht-Ausbau des Frankenschnellwegs wurde hier schon mehrfach berichtet und es wird nicht weniger werden. Die Debatte, ob gebaut wird oder nicht, hat mit der Gerichtsentscheidung und der Zusage von Ministerpräsident Markus Söder, dass der Freistaat 80 Prozent der förderfähigen Kosten – oder von den Gesamtkosten? – übernimmt und nicht nur die von Horst Seehofer, seinem Vorgänger im Amt, zugesagten 395 Millionen Euro neuen Schwung erhalten. Veränderungen am Frankenschnellweg haben Auswirkungen auf die ganze Südstadt und deshalb steht er in der nächsten Zeit noch mehrfach im Mittelpunkt dieser Kolumne. Der Versuch eines Updates mit den wesentlichen Fakten.

Als Ulrich Maly (SPD) 2002 neuer Oberbürgermeister wurde, erbte er auch die fertigen Pläne für einen kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs von einer Koalition aus CSU und Freien Wählern. Bis 1996 hatte Rot-Grün die Staufalle an den Rampen mit den Folgen für das Klima und für die Anwohner schlicht ignoriert. Psychologisch könnte man es auch Verdrängung nennen. Unter OB Ludwig Scholz wurde dann zwischen 1996 und 2002 ein kreuzungsfreier Ausbau geplant, der einen fundamentalen Nachteil hatte: Es gab an den Rampen eine überdimensioniert Verkehrsverteilung, die die Südstadt mit Autos zugeschüttet hätte.

Ein Tunnel für mehr Lebensqualität

 
 

Projektvorstellung: Kreuzungsfreier Ausbau des Frankenschnellwegs | Quelle: © Stadt Nürnberg

Maly kassierte deshalb die Pläne ein. Er erkannte aber auch die Vorteile, die ein kreuzungsfreier Ausbau in einem Tunnel für die Bevölkerung hat und ein Planungsstopp keine Probleme lösen würde: Staus, Abgase und Lärm würden bleiben. Noch dazu könnten die angrenzenden Stadtteile vom Verkehr, der auf dem Frankenschnellweg gebündelt werden soll, entlastet werden. Es geht schlicht um Lebensqualität für 18.000 direkte Anliegerinnen und Anlieger am Frankenschnellweg.

Straßenbauprojekte waren aber auch schon 2002 nicht gerne gesehen, denn das Prinzip der autogerechten Stadt war tot. Straßenbau galt als teuer und es wurde mit dem Vorsatz kritisiert, dass neue Straßen noch mehr Verkehr produzieren. Doch wenn schon der vorhandene Verkehr zu stark für das bestehende Verkehrssystem ist? Was macht man mit ihm?

Maly regte eine Befragung der Nutzer des Frankenschnellwegs an zwei Tagen an. Das Ergebnis: Rund 80 Prozent der Fahrzeuge auf dem Frankenschnellweg fahren nach Nürnberg und in die Region oder kommen von dort. Es ist also keine überregionale Verkehrsachse, die staufrei gemacht werden soll. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

 
 
Frankenschnellweg Nürnberg Foto: Janine Beck

Lkws über 7,5 Tonnen, die nicht in die Innenstadt von München müssen, dürfen nicht auf dem Mittleren Ring fahren. Sie müssen stattdessen um die Stadt herumfahren. Das könnte in Nürnberg genausso gemacht werden.

 
 

Der Vorwurf der Kritiker, dass der überregionale Schwerlastverkehr angezogen wird, lässt sich entkräften, denn auf dem kreuzungsfreien Mittleren Ring in München besteht ein Fahrverbot für Lkw über 7,5 Tonnen, die nicht die Landeshauptstadt ansteuern. Das könnte in Nürnberg genauso gemacht werden.

Da Nürnberg auch 2002 schon einen hohen Schuldenstand hatte und Maly kein Interesse verfolgte, den Frankenschnellweg unbedingt kreuzungsfrei auszubauen, wenn die Verkehrsprobleme auch anders gelöst werden könnten, wurde ein runder Tisch installiert, dessen Teilnehmer zwei Jahre über Alternativen zum kreuzungsfreien Ausbau nachdachten. 

Mit am Tisch alle relevanten Parteien, Verkehrsplaner, Interessenvertreter, Anwohner und auch scharfe Kritiker. Es gab Vorschläge für neue Straßenbahntrassen, die alle auf ihre verkehrliche Leistungsfähigkeit geprüft wurden. Die Alternativen scheiterten daran, da die Nutzer vor allem die Region ansteuern oder aus der Region kommen. Über 60.000 Fahrzeuge pro Tag auf dem Frankenschnellweg lassen sich nicht mit Straßenbahntrassen, die zu wenig nachgefragt werden, wegwünschen. Die Fahrzeuge müssen ordentlich über Straßen verteilt werden. Auch wenn man den Straßenverkehr ablehnend gegenübersteht.

Bauen statt diskutieren

 
 
Frankenschnellweg

Die unendliche Geschichte. | Illustration: © Paul Blotzki

Nach zwei Jahren Diskussion und Analyse blieben nur die Planungen für einen kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs übrig, die dann im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens abgearbeitet wurden. 2013 wurden sie vom Stadtrat beschlossen und seitdem läuft die juristische Auseinandersetzung mit dem Bund Naturschutz (BN). Die Stadt hat sich bemüht, mit einem Vergleich auf den BN zuzugehen und Maßnahmen zur Verkehrssteuerung angeboten. Doch die BN-Mitglieder verwarfen das Angebot, sodass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof jetzt entscheiden musste und der Stadt und dem Land in allen Punkten recht gegeben hat.

Mit seiner Taktik hat der BN aber erreicht, dass im Verlauf der Jahre aus 500 Millionen Euro Baukosten eine Milliarde wurden. Obwohl der Ausbau juristisch jetzt möglich ist und es verkehrlich keine bessere Lösung gibt, schien der kreuzungsfreie Ausbau auf das Abstellgleis zu rollen, denn die Stadt Nürnberg könnte ihren finanziellen Anteil nicht finanzieren. Das Angebot von Ministerpräsident Markus Söder, dass der Freistaat 80 Prozent der förderfähigen Kosten übernimmt, scheint es aber möglich zu machen, dass doch gebaut wird. SPD und CSU haben sich nur wenige Tage nach dem Gerichtsentscheid darauf geeinigt, dass gebaut werden soll.

“Meilenstein der Stadtreparatur”

Die Nebelkerzen, die zuletzt auch von Oberbürgermeister Marcus König in den politischen Raum geworfen wurden, dass noch einmal neu nachgedacht werden muss und es auch einen Ausbau light geben könnte, konterten nach der Söderschen Förderofferte die Fraktionen von SPD und CSU in einer gemeinsamen Stellungnahme: “Wir halten am Ausbau des Frankenschnellwegs als Meilenstein der Stadtreparatur fest. Er soll den innerstädtischen Verkehr bündeln.” Den Rufen nach Alternativlösungen erteilte die SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Kayser eine Absage: “Alternativlösungen würden ein neues Planungsverfahren und womöglich weiter Jahre juristischer Auseinandersetzungen bedeuten. Das können wir den Anwohnerinnen und Anwohnern nicht zumuten.” Korrekturen an einem gültigen Plan sind nur in ganz kleinen Grenzen möglich, sonst muss wieder ein langwieriges Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden.

Die Stadt kann ihre Entscheidung auch nicht mehr Monate lang diskutieren, denn der Frankenschnellweg ist ein Sanierungsfall. Entweder kreuzungsfreier Ausbau oder Sanierung. Es muss eine Bahnbrücke durch einen Fahrdamm ersetzt werden und es müssen die Fahrbahnen sowie die Abwasserkanäle erneuert werden. Damit sind keine verkehrlichen Verbesserungen für Anwohner und Nutzer verbunden und trotzdem würde diese Sanierung 150 Millionen Euro kosten. Über 50 Millionen Euro wurden bislang in die Planung für den kreuzungsfreien Ausbau gesteckt. Das Geld wäre bei neuen Umplanungen verloren.

Wie geht es weiter? Zeitplan und offene Fragen

Da der Bayerische Verwaltungsgerichtshof eine Revision beim Bundesverwaltungsgerichtshof nicht zugelassen hat, ist derzeit offen, ob die Gegner des kreuzungsfreien Ausbaus mittels einer Beschwerde juristisch gegen die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vorgehen können und wollen. Diese Beschwerde wäre aber im äußersten Fall im Juli 2025 entschieden. Danach könnten die Bagger rollen.

Bürgermeistern Christian Vogel (SPD), der für den Frankenschnellweg zuständig ist, will mit seinem Team bis Herbst eine aktualisierte Kostenrechnung des Ausbaus vorlegen und mit dem Freistaat muss verhandelt werden, was in der 80prozentigen Förderzusage alles enthalten ist. Auch der Park auf dem Dach des Tunnels? Nürnberg gilt als arme Stadt, deshalb ist die hohe Förderquote auch begründbar. Es müssen außerdem Straßenbauingenieure angestellt werden. 

“Wie viel kostet der Ausbau am Ende? Hält der Freistaat sein Versprechen für eine großzügige Förderung auch ein? Bekommen wir nur die reine Straße gefördert? Gibt es weitere Fördertöpfe, beispielsweise für die Maßnahmen zur Stadtentwicklung? Wie hoch ist der Eigenanteil, den die Stadt aufbringen muss? Die Nürnbergerinnen und Nürnberger erwarten hier Klarheit”, fragt der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Stadtratsfraktion, Nasser Ahmed.

 
 
Auch für die anderen Großprojekte, die der Freistaat in Nürnberg fördert, müssen nun rasch belastbare Förderzusagen kommen. Der Verdacht, dass für den Ausbau des Frankenschnellwegs das Opernhaus oder das Stadion weniger stark gefördert oder gar geopfert werden, darf gar nicht erst aufkommen!
— SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Kayser
 
 

Je nachdem, welche Fördertöpfe zusätzlich zur Verfügung stehen, liegt der Eigenanteil, den die Stadt aufbringen muss, bei 20 Prozent, bei 25 Prozent oder bei 30 Prozent der Gesamtkosten. Nach Überzeugung der SPD-Stadtratsfraktion muss die Förderung 80 Prozent der gesamten Kosten umfassen. Sonst könnte der Ausbau an den Finanzen scheitern. 

Bei den Verhandlungen mit dem Freistaat muss jedenfalls sichergestellt werden, dass es keine negativen Auswirkungen auf andere Förderprojekte des Freistaats in Nürnberg durch den Frankenschnellweg gibt, darauf hat OB Marcus König hingewiesen. Zu recht. Er wird dabei von Kayser unterstützt: “Auch für die anderen Großprojekte, die der Freistaat in Nürnberg fördert, müssen nun rasch belastbare Förderzusagen kommen. Der Verdacht, dass für den Ausbau des Frankenschnellwegs das Opernhaus oder das Stadion weniger stark gefördert oder gar geopfert werden, darf gar nicht erst aufkommen!”, so Kayser.

 

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