Friedensstrategie: Abschreckung

 
Bundeswehr Deutschland Friedenssicherung, Illustration Paul Blotzki

Neue Wege der Friedenssicherung. | Illustration: © Paul Blotzki

 
 

Die vergessenen Säulen der Verteidigung

Die Milliarden für die Bundeswehr, für die Sicherheitsdienste und für die Verbesserung der Infrastruktur, die von der neuen Bundesregierung zur Verfügung gestellt werden, regen die Fantasie der Bürgerinnen und Bürger an. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Erwartungen geweckt und neue Forderungen gestellt werden. Zuletzt sollten aus den Fonds, die komplett auf Kredit finanziert werden, auch noch Tablets für die Schulen angeschafft werden. Klar, die Billion, die sich der Staat außer der Reihe genehmigt, ist ja auch für die Ausstattung der Schulen da. Echt? Habe ich da etwas falsch verstanden? Es geht doch um die Verbesserung der Infrastruktur und nicht um die Ausstattung von Schulen. Auch wenn diese sehr wichtig ist. Aber das sollte doch noch aus den normalen Schulbudgets bestritten werden.

Wenn sich diese Kleinkleckersdorf-Denkweise Bahn bricht, dann wird die Bundesregierung auch noch Prämien für die Anschaffung von teuren E-Autos aus dem Sonderschuldenvermögen finanzieren. So erneuert man die Infrastruktur nicht. Gibt aber denen, die viel haben, einen Zuschlag.

Noch einmal: Es geht darum, die Bundeswehr und die Sicherheitsdienste, die mit ihrer Ausstattung nicht mehr auf der Höhe der Zeit sind, in den Stand der Verteidigungsfähigkeit zu versetzen. Und es geht um die Verbesserung der zentralen Infrastruktur wie Bahn, Brücken und die digitalen Bereiche. Sie sollen endlich auf den neuesten Stand gehoben werden. Ziel ist nicht die Sanierung des Stuttgarter oder Nürnberger Opernhauses. Auch wenn das schön wäre.

Zivilschutz in Nürnberg: Eine Bestandsaufnahme

Es ist zu befürchten, dass sich die Deutschen erst langsam klar werden müssen, was verteidigungsfähig oder kriegsfähig heißt. In Nürnberg gibt es nicht einen nach den neuesten Vorgaben klassifizierten Schutzraum! Nicht einen! Was noch aus der Zeit des Kalten Kriegs vorhanden ist, dürfte neuen Bomben nicht standhalten. Hoffentlich kommt es auch nicht dazu, dass die Schutzräume benötigt werden. Es steht aber die Abschreckung eines potentiellen Gegners im Mittelpunkt und diese muss glaubhaft sein. Nürnberg wird, wie andere Städte auch, massiv Geld aufwenden müssen, um der Zivilbevölkerung ein Mindestmaß an Schutz bieten zu können. Da sind die 32 bis 60 Millionen Euro, auf die Nürnberg aus den Sondervermögen pro Jahr hofft, schnell verbaut. Außerdem sind das sehr optimistisch geschätzte Zahlen, die nur dann zutreffen, wenn der Freistaat seinen Anteil am Sondervermögen an die Kommunen komplett weitergibt. Wer das glaubt, der setzt auch auf die Friedensliebe Wladimir Putins.

Die Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth: Hier entsteht ein neues Ausbildungszentrum der Luftwaffe mit 49 Hörsälen, Foto Janine Beck

Die Otto-Lilienthal-Kaserne in Roth: Hier entsteht ein neues Ausbildungszentrum der Luftwaffe mit 49 Hörsälen. | Foto: © Janine Beck

Lernen für den Frieden

Welche Dimension die Nachrüstung des Westens gegenüber dem Provokateur Wladimir Putin hat, der muss nur die folgenden Zusammenhänge einmal durchdenken. In Roth wird derzeit ein komplett neues Ausbildungszentrum für die Luftwaffe in Bayern gebaut. Es wird dort alles zusammengelegt, was bisher in Bayern auch auf andere Standorte verteilt war. Derzeit entstehen 49 Hörsäle und ein Audimax für 400 Personen. Das wird teuer.

Viele Brücken müssen saniert werden – doch halten sie dann auch den sehr schweren neuen Panzern stand, wenn sie transportiert werden müssen? Der Katastrophenschutz wurde zurückgefahren, weil angenommen wurde, dass es keine militärischen Feinde mehr gibt. Wenn die Bundeswehr aufgestockt werden soll, dann müssen auch die Kasernen wieder vergrößert werden. Es geht also nicht nur um militärisches Gerät, das angeschafft wird, sondern auch um Infrastruktur.

Längst sind deutsche Sicherheitsberater in der Ukraine, um sich anzuschauen, wie Kiew seiner Bevölkerung überhaupt ein Minimum an Schutz bieten kann. In Nürnberg dürfte es wie in Kiew wohl die U-Bahn sein. Hoffentlich kommt es nicht dazu. Erst saniert man die Brücken, die dann wieder zerstört werden.

Viel wichtiger als die Verteilung der Sondervermögen ist aber die Mentalität der Bevölkerung. Es nützt kein Panzer zur Abschreckung, wenn es keine Soldaten gibt, und die Mentalität fehlt, sich gegen einen Angreifer zu verteidigen. Da hilft kein Geld, sondern ein Mentalitätswandel, der auf Argumenten beruht. Wer will sich einer altbackenen, imperialistischen russischen Doktrin unterwerfen? Wer will in Putins Lügengebäude einziehen? Noch nie hat es so viele Informationen zu einem aktuellen Konflikt gegeben. Man muss nur lesen können, dann erfährt man, wie Putin unterdrückt. Welche Folgen es hat, keinen Rechtsstaat mehr zu haben und wie Frauen angehalten werden, russische Gebärmaschinen zu sein. Das ist alles schlimm und diese Entwicklung war lange Zeit unvorstellbar.

Drohen statt Drohnen

Ein kleiner Rückblick in die „Friedenszeit“ sei hier aber noch gestattet. Im Nürnberger Stadtrat gab es vor rund fünf Jahren eine heftige Debatte darüber, ob Jugendoffiziere der Bundeswehr noch für ihren Beruf in Schulen werben dürfen. In der Rückschau mutet es gespenstisch an, denn der Bundeswehr kann man alles Mögliche nachsagen, aber imperialistische Tendenzen oder ein Rasseln mit veralteten Panzern mit Sicherheit nicht. Es hilft leider auch nichts, sich Russlands Aggressivität wegzuwünschen oder einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen. Da hilft nur, sich verteidigungsbereit zu machen.

Da passt auch die Drohnendebatte kurz vor der Bundestagswahl 2021 dazu. In der Diskussion war, die Bundeswehr mit Drohnen auszustatten, was aber am linken Lager im Bundestag scheiterte, weil keine ethischen Diskussionen geführt wurden. Doch die Gewalttäter an der Spitze ihrer Staaten warteten nicht mit dem Einsatz von Drohnen, denn sie müssen keine Debatten führen. Sie können einfach Menschen sterben lassen.

 

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