Nürnbergs politische Schwergewichte
Kräftemessen vor der Kommunalwahl: Nach klarem SPD-Mitgliedervotum fordert Nasser Ahmed den amtierenden OB Marcus König (CSU) heraus. | Illustration: © Paul Blotzki
Basisvotum ebnet Ahmed den Weg ins Rathaus
Die Bundestagswahl liegt gerade einmal vier Wochen zurück und in Bayern rüsten sich schon Städte, Gemeinden und Landkreise für die Kommunalwahlen in einem Jahr. Auch die gebeutelte SPD. In Fürth tritt der Amtsinhaber Thomas Jung (SPD) und in Erlangen Florian Janik (SPD) wieder an.
Die Nürnberger SPD hatte sich als Reaktion auf die Wahlniederlage von 2020 entschieden, bei der Aufstellung des nächsten Kandidaten oder der nächsten Kandidatin für die OB-Wahl ein neues Verfahren anzuwenden.
OB Ulrich Maly der nicht mehr antreten wollte, plädierte im Vorfeld der letzten Kommunalwahl für Thorsten Brehm, der inzwischen Nürnbergs Kämmerer ist. Brehm verlor gegen den Kandidaten von der CSU, Marcus König.
Maly und der SPD-Spitze wurde intern vorgeworfen, an der Basis vorbei Brehm als OB-Kandidat aufgestellt zu haben. Hätte es eine Aufstellungsversammlung für SPD-Mitglieder gegeben, dann wäre wohl der Kandidat der SPD-Herzen, Christian Vogel, Sieger gewesen. Vogel war bei der grundsätzlichen Einigung auf Brehm im Urlaub.
Der eher theoretisch argumentierende Brehm tat sich im Wahlkampf im Vergleich zu König schwer, denn der CSU-Kandidat ist ein Menschenfänger, der bei den Menschen ankommt, auch wenn sie eher einem anderen politischen Lager angehören.
Nasser Ahmed setzte sich mit 718 von 1083 Stimmen gegen Elisabeth Ries als SPD-OB-Kandidat durch. | Foto: © Lennart Preis
Die Macht der halben Basis
Der neue SPD-Vorsitzende Nasser Ahmed setzte bei seiner Wahl durch, dass der OB-Kandidat der SPD auf der Basis einer Mitgliederbefragung bestimmt wird. Die hat Ahmed gegen die Sozialreferentin Elisabeth Ries in den vergangenen Tagen deutlich gewonnen. Der 1988 geborene Ahmed hat von 1083 abgegebenen Stimmen 718 erhalten, seine Konkurrentin 343.
Mitgemacht haben bei dem erstmals angewendeten Verfahren 54,84 Prozent der SPD-Mitglieder. Die eigentliche Aufstellungsversammlung kommt zwar erst Anfang April. Aber das ist reine Formsache. Nasser Ahmed, Sohn eritreischer Einwanderer, wird sicherlich OB-Kandidat der SPD. Er ist seit 2014 im Stadtrat und auch stellvertretender Vorsitzender der bayerischen SPD. Nach seiner Promotion arbeitet er beim Übertragungsnetzbetreiber Tennet.
Dass das Verfahren für den OB-Kandidaten transparent war und nicht den Hauch eines Hinterzimmergesprächs wie bei Brehm aufkommen lässt, ist offensichtlich. Aber war es richtig? Es haben kaum mehr als die Hälfte der SPD-Mitglieder mitgemacht. Dabei dürfte der Abstimmungsaufwand sehr gering gewesen sein. Aber Mehrheit ist Mehrheit.
Kritisch ist aber auch, dass die Parteispitze sich strategisch nur noch schwer einbringen kann, wenn es bei dem Verfahren bleibt, denn die Diskussion über die Qualität und die Eigenschaften der Kandidatin und des Kandidaten kann nicht öffentlich, sondern – leider – nur im Hinterzimmer diskutiert werden. Sonst könnten bei aller Betonung der Ehrlichkeit, Ressentiments aufkommen.
SPD verpasst Chance auf weibliche Führung
Sozialreferentin Elisabeth Ries | Foto: © Christine Dierenbach
Ein Beispiel: Sozialreferentin Ries hat sich als Mitarbeiterin des früheren Sozialreferenten Reiner Prölß und des ehemaligen OB Ulrich Maly eine hervorragende Kompetenz in der Stadtverwaltung erarbeitet. Das braucht eine Oberbürgermeisterin und auch ein Oberbürgermeister.
Ahmed, der über viel Charme und Social-Media-Kompetenz verfügt, neigt dazu, viel zu reden und zu versprechen. Bläst der Wind etwas stärker, dann räumt er schnell seine Position und gibt nach. Exemplarisch war das beim Streit um den Wegfall von Parkplätzen im Nibelungenviertel zu verfolgen. Ahmed gab schnell dem Widerstand von Autofahrern gegen Baumpflanzungen auf Parkplätzen nach. Solche charakterlichen Eigenschaften kann die SPD nicht öffentlich diskutieren, ohne vom politischen Gegner mit dem Nasenring durch die Arena gezogen zu werden. Bei anonymen Abstimmungen spielt so etwas keine Rolle. Angesichts seiner Jugend hätte Ahmed auch noch genügend Zeit gehabt, im Stadtrat konkrete Politik zu lernen: Er ist König zu ähnlich.
Ärgerlich und wenig strategisch ist natürlich auch, dass die SPD keine Spitzenkandidatin aufgestellt hat. Hier hätte man sich klar vom wichtigsten politischen Gegner unterscheiden können. Die CSU, die noch vor wenigen Jahren zwei Frauen in den Bundestag geschickt hatte und mit Julia Lehner über eine kompetente und renommierte Kulturbürgermeisterin verfügt, die allerdings aufhört, hat ein Frauenproblem. Das wäre ein Einfallstor für die SPD gewesen. Wer die Hälfte der Bevölkerung nicht anspricht, der braucht schon hervorragendes Personal, um eine Wahl zu gewinnen.
Herausforderungen für Nürnbergs Zukunft
Spannend dürfte der Wettbewerb um die besten Ideen für Nürnberg werden. Angesichts der mit Schulden finanzierten Sondervermögen der Bundesregierung wird zwar Geld zur Verfügung stehen, aber weit weniger als gewünscht. Da braucht es starken Praxisbezug und politischen Rückgrat, was wirklich nötig ist. Auch wenn der Wind bläst.
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