Egoismus fein versteckt. | Illustration: © Paul Blotzki

 
 

Der Blog Nxrnberg läuft seit sechs Monaten. Zeit einmal anzuschauen, ob es bei den aufgegriffenen Themen zu Entwicklungen gekommen ist oder ob der Stillstand bleibt. Energiewendegesetz, Erweiterung der Technische Hochschule Nürnberg, The Q, Radschnellwege und Radrennbahn: Wie ging es weiter?

Schatz, bitte lass die Gastherme im Keller?

Bei der Klage über das schludrige Energiewendegesetz und die Unsicherheit, die es bei den Bürgerinnen und Bürger ausgelöst hat, gibt es in Nürnberg tatsächlich Fortschritte bei der Problemlösung.

Offiziell ist noch nichts, doch wer sich in der Stadtverwaltung umhört, erfährt folgendes Szenario. Im Vergleich zu anderen Großstädten hat Nürnberg zwei Vorteile: Die Stadt verfügt mit der N-Ergie sowohl über ein eigenes städtisches Werk, an dem sie zentral beteiligt ist, als auch, dass die N-Ergie über eine große Erfahrung im Bereich der Fernwärme verfügt. Während andere Städte auf diesen Gebieten fast blank sind, kann man die Dinge in Nürnberg eher entspannt sehen.

Noch in diesem Winter wird die N-Ergie ihre Grobplanung zur Energiewende in Nürnberg vorstellen. Bis zum Winter 2024/2025 soll eine detaillierte Wärmeleitplanung vorliegen, die derzeit in Auftrag gegeben wird. Die Grobplanung hat folgende Eckpunkte:

  • Dort, wo schon Fernwärme liegt, wird das Netz verdichtet, damit neue Häuser und Wohnungen angeschlossen werden können. Das sind die Bereiche innerhalb des Rings sowie Langwasser und große Teile der Weststadt. Das Fernwärmenetz sei schon jetzt gut, heißt es, es müsse aber verdichtet werden.

  • Im Außenbereich wie Kornburg oder Großgründlach werden die Haushalte ihre Öl- und Gasheizungen nach und nach durch Wärmepumpen-, Hackschnitzel- oder Pelletsheizungen ersetzen müssen.

  • Noch ungelöst sind kleinere Übergangsbereiche zwischen dem Innenbereich und dem Außenbereich der Stadt. Hier wird noch vertiefend geplant.

  • In einigen Stadtteilen wird die Stromversorgung erneuert werden müssen, um die verstärkte Nachfrage nach Strom etwa für Wärmepumpen bedienen zu können. Es müssen auch viele Trafohäuschen und zwei Umspannwerke neu gebaut werden.

  • Die N-Ergie hat bei ihrer Erzeugung von Fernwärme offenbar noch Kapazitäten frei und wird diese auch noch erweitern. Dazu werden zwei neue Großwärmepumpen benötigt. Helfen wird dabei auch die Umrüstung der Müllverbrennungsanlage.

  • Außerdem soll es noch zwei größere Tiefenbohrungen geben, um die Geothermie mit heißen Quellen in der Tiefe auf dem Stadtgebiet nutzen zu können.

  • Die künftige Ausweisung von Neubaugebieten wird die Fernwärmeversorgung nicht zum Kippen bringen, denn schon heute brauchen neue Häuser aufgrund ihrer guten Dämmung kaum mehr Wärmeenergie, die zugeführt oder erzeugt werden muss.

Das sei alles, ist aus dem Rathaus zu hören, in den nächsten 20 bis 30 Jahren machbar. Allerdings ist das bislang nur eine schöne Theorie. In der Praxis wird es zu erheblichen Verwerfungen und Behinderungen kommen, denn es wird zu sehr vielen Baustellen entlang von Straßen kommen. Allein der Bau von 100 neuen Trafohäuschen bringt die Fantasie auf Hochtouren. Da müssen erst einmal passende Plätze gefunden werden, Anlieger werden Einsprüche erheben, es müssen Leitungen verlegt werden und erst dann rollen die Bagger an.

Auf Wasserstoff will die Stadt nur bei einigen wenigen Großkunden setzen, denn sie müsste, wenn sie ein Wasserstoffnetz betreibt, auch garantieren, dass ausreichend Wasserstoff zur Verfügung steht. Das ist nicht einmal am Horizont zu sehen.

 

 

Wissenschaft bekommt Platz

Zur Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. Wir haben darauf hingewiesen, dass der Bund Naturschutz (BN) die Stadt dazu drängt, ein Grundstück entlang der Hirsvogelstraße, auf dem bis 2019 die Holzhäuser des Kinder- und Jugendhauses Rädda Barnen gestanden sind, nicht mehr an den Freistaat zu verkaufen.

Es sollte eine Erweiterungsfläche für die Technische Hochschule Nürnberg werden.

Der BN argumentierte damit, dass wertvoller Baumbestand für einen Neubau vernichtet werden muss, was nicht stimmt. Er wollte das Grundstück, das direkt an einer Durchgangsstraße liegt, dem Cramer-Klett-Park zuschlagen.

Auch wenn die CSU zunächst ins Wanken kam, so stellte sich der Stadtrat am Ende doch hinter die Erweiterungspläne der Technischen Hochschule und verkauft das Grundstück an den Freistaat.

 

 

“The Q” – Die nächste Generation

“The Q”. Die Pleite von der Gerchgroup aus Düsseldorf hatte dazu geführt, dass Sanierung und Umbau des ehemaligen Quelle-Versandgebäudes gestoppt wurden.

Wie im September beschrieben, ist aber der Umbau von 42.000 Quadratmetern für ein Behördenzentrum der Stadt Nürnberg ein ausgesprochen lukratives Geschäft, denn es werden fast 20 Euro Miete pro Quadratmeter gezahlt. Der Mietvertrag ist langfristig angelegt. Die Rendite ist gut und die Gefahr einer Insolvenz bei einem Mieter wie die Stadt gleich Null. Insgesamt sollen dort 1400 städtische Beschäftigte untergebracht werden.

Kein Wunder, dass schon Ende Oktober für den künftigen städtischen Teil Entwarnung gegeben werden konnte.

Die Bayerische Versicherungskammer und der Immobilienentwickler Accumulata werden das Projekt zu Ende bringen. Wie es mit den geplanten 1000 Wohnungen weitergeht, die ebenfalls in “The Q” Platz finden sollen, ist allerdings noch immer offen.

 

 

StUB bremst Fahrradschnellweg für weitere zwei Jahre aus

Der Bau des Radschnellwegs zwischen Nürnberg und Erlangen liegt für zwei Jahre weiter auf Eis, denn es ist noch immer nicht klar, ob Erlangen tatsächlich die Stadtumlandbahn (StUB) zwischen Nürnberg und der Universitätsstadt will.

Dazu gibt es noch einmal einen Bürgerentscheid in Erlangen.

Ohne StUB wird der Radschnellweg auf absehbare Zeit nicht gebaut. Bei den Radschnellwegen gibt es auch im Westen Nürnbergs Probleme: Nachdem der Landkreis Nürnberger Land nicht mitzieht, wird es vorerst keinen Radschnellweg nach Lauf oder Hersbruck geben. Dafür wird einer nach Schwabach gebaut.

 

 

Egoismus, fein versteckt im Vergnügungspark

Beim geplanten Abriss der maroden Radrennbahn in Reichelsdorf, der schon genehmigt ist, um über 200 Wohnungen zu bauen, gibt es Widerstand von den Anliegern, die ein Radmuseum neuen Wohnungen vorziehen. Es soll sich nur nichts ändern.

Aufgrund von Einsprüchen zum Genehmigungsverfahren wurden die Bauarbeiten vorerst gestoppt. Der Vorgang ist ein Beispiel dafür, wie die Generation der Baby-Boomer rücksichtslos ihre Interessen gegenüber den jüngeren Generationen verteidigt.

Die Fahrradgeschichte Nürnbergs ist im Museum Industriekultur aufgearbeitet und benötigt keinen weiteren Standort. Soll tatsächlich dem Zerfall einer maroden Radrennbahn zugeschaut werden, nur um den Bau von Wohnungen zu verhindern?

Eine besondere Pointe zu dieser Auseinandersetzung steuert eine Sendung des Bayerischen Fernsehens in der Reihe Capriccio bei. Dort wird tatsächlich von einer Anwohnerin angeregt, dass die Radrennbahn doch zum einen Park wie es der Prater in Wien ist, umgebaut werden könnte. Die Stadt Nürnberg nutze diese Chance nicht.

Von den Kosten einmal abgesehen und Nürnberg kann mit dem reichen Wien nicht verglichen werden, so wird der Unterhalt des Prater-Parks durch einen Vergnügungspark mitfinanziert. Wollen die Anlieger der Radrennbahn tatsächlich Fahrgastgeschäfte auf Dauer wie in Wien haben? Mit pinkelnden und grölenden Besuchern in den Vorgärten?

Dass das Redakteursteam der Bayerischen Rundfunks nicht einmal Zweifel an dieser Forderung anmeldete, ist mehr als unprofessionell. Das ist schlecht recherchierter Journalismus.

 
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Wo sind eigentlich die Wohnungsbau-Genossenschaften?

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Ausgeträumt Nürnberg!