Wird Nürnberg zum Hightech-Standort? | Illustration © Paul Blotzki

Manche Geschenke kommen teuer

Das Südklinikum ist nicht gut an das Netz des öffentlichen Personennahverkehrs angebunden. Zuletzt wurde zwar die Busverbindung aus Zerzabelshof gestärkt, doch insgesamt ist es keine gute Verbindung für diejenigen, die nicht mit dem eigenen Auto anrücken. Das ist schon seit über 20 Jahren bekannt. Bei der Neufassung von Nahverkehrsentwicklungsplänen wird das regelmäßig diskutiert. Aber passiert ist nichts.

Die Gründe: Ein eigener U-Bahnast, der von der U 1 abzweigt, ist zu teuer und auch die Weiterführung der Straßenbahn bis zum Klinikum, die derzeit in Planung bis zur Bauernfeindstraße ist, würde sich verkehrlich nicht rechnen, wenn man die bislang geltenden Förderrichtlinien zugrunde legt. Es würden zwischen Bauernfeindstraße und Klinikum schlicht zu wenig Reisende einsteigen, um eine finanzielle Förderung von Bund und Land begründen zu können. Ohne Fördergelder kann die Stadt aber keine neue Straßenbahn bauen.

Durch den Bau der Technischen Universität und die Errichtung des Stadtteils Lichtenreuth ist allerdings wieder Bewegung in die Sache gekommen, denn beide Vorhaben benötigen einen guten ÖPNV. Vielleicht wird es in diesem Zusammenhang möglich, die Straßenbahn Richtung Süden zu verlängern. Auch die Nürnberg Messe und die Bertolt-Brecht-Schule wären dann besser angebunden.

 
 

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu Besuch bei der Firmengruppe Max Bögl. Bringt er die Magnetschwebebahn mit nach Nürnberg? Bild © Transport System Bögl

 
 

Ministerpräsident Markus Söder hat jüngst in seiner Regierungserklärung, die etwas konkreter ausgefallen ist als der Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern den Vorschlag gemacht, eine Magnetschwebebahn von der neuen Universität über die Messe und die Bertolt-Brecht-Straße Richtung Südklinikum zu bauen.

Als Pilotprojekt, um die Chancen der „Transport Systems Bögl“ in der Praxis zu zeigen. Platz ist da. Das „TSB“ fährt zwar schon im chinesischen Chengdu, aber eben nicht in Deutschland. Eine kleine Teststrecke in der Oberpfalz ausgenommen.

 
 

Wie bei solchen Vorschlägen üblich, entwickelte sich sofort eine Debatte, die sich nicht an Fakten orientierte, sondern an oberflächlichen Erinnerungen und Schönwetterutopien.

Seit mehreren Jahren wird die Magnetschwebebahn auf einer Teststrecke in Sengenthal in der Oberpfalz erprobt. | Foto © Transport System Bögl

Ja, in Nürnberg fuhr die erste Eisenbahn im deutschsprachigen Raum und die erste fahrerlose U-Bahn. Aber daraus einen Schienenschwerpunkt „Nürnberg“ abzuleiten, um die Magnetschwebebahn zu begründen, ist natürlich Unsinn: Keiner der städtische Politiker hat sich vor zwei Jahren zu einem Bahnknoten „Nürnberg“ bekannt und etwas dafür getan, dass das ICE-Instandsetzungswerk, das die Bahn in Nürnberg ansiedeln wollte, auch tatsächlich kommt. Hier hätte man wirklich auf Dauer etwas für den Eisenbahnknoten „Nürnberg“ tun können, der es angesichts der Konkurrenz von Karlsruhe-Stuttgart-München es in der Zukunft wesentlich schwerer haben wird.

Danke für die eindrucksvolle Fahrt! Schnell, leise und ökologisch – das ist ein Blick in die Zukunft.
— Markus Söder

Die erste Eisenbahn fuhr am 7. Dezember 1835 zwischen Nürnberg und Fürth. Sie ist Geschichte und schafft keine Arbeitsplätze mehr. Durch die fahrerlose U-Bahn sind kaum neue Arbeitsplätze in Nürnberg entstanden.

Ob das TSB eine Straßenbahn nach Kornburg ersetzen oder mit ihm die Ringbahn im Norden reaktiviert werden könnte, wie es SPD-Vertreter vorgeschlagen haben, ist ebenso unwahrscheinlich, denn die prognostizierten Fahrgastzahlen bei beiden Strecken lassen allenfalls eine Straßenbahn zu. Die Magnetschwebebahn müsste schon ein Geschenk sein. Vielleicht gibt es aber noch einen komplett neuen Trassenvorschlag?

 
 

Fahrzeug- und Leistungsdaten der Magnetschwebebahn

 

Fotos und Simulationen © Firmengruppe Max Bögl

 
 

Das Angebot für eine Magnetschwebebahn, die geräuschlos und günstiger als eine U-Bahn ist, muss genau geprüft werden, denn neben der Anschaffung gilt es auch den Betrieb sicherzustellen. Das kann Nürnberg nicht stemmen. Neben der Straßen- und der U-Bahn würde ein drittes schienengebundenes System entstehen und dafür müssen Technik und Fachleute vorgehalten werden.

In den vergangenen Jahren entstand bei der VAG jedes Jahr ein Defizit von rund 80 Millionen Euro, das die Stadt ausgleichen musste. Für 2024 sind 180 Millionen Euro kalkuliert. Und dann noch die Magnetschwebebahn oben drauf?

Außerdem weiß man, dass jedes Umsteigen die Zahl der ÖPNV-Nutzer verringert. Die sogenannten Durchmesserlinien, die eine Stadt von Ost nach West oder von Süd nach Nord durchqueren, schätzen die Kunden wesentlich mehr, als wenn sie erst von einer auf die andere Linie umsteigen müssen.

Auch würde die Magnetschwebebahn vor allem auf langen Strecken ihre Vorteile wie Schnelligkeit und geringere Geräuschpegel ausspielen können. Das ist auf der kurzen Strecke zwischen Bauernfeind und Klinikum nicht möglich. Die TSB hat aber auch den Charme, noch mehr Aufmerksamkeit auf die neue Universität und die NürnbergMesse zu lenken, und das Südklinikum wäre deutlich besser angebunden.

Ob die Magnetschwebebahn tatsächlich als wegweisende Zukunftstechnologie etabliert werden kann, wird sich zeigen. Insbesondere im Anschluss an das Unglück mit dem Konzertsaal müssen die Geschenke, die Nürnberg vom Freistaat bekommt, erst einmal genauer angeschaut werden.

 
 

Studienergebnisse zu neuer Nahverkehrstechnik

Eine Machbarkeitsstudie (in 2 Teilen) zum Einsatz alternativer Verkehrssysteme im spurgeführten ÖPNV gibt es unter diesem Link.

 

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