UTN gegen IPAI: Der Kampf um die KI-Krone

 
Stilisierte rosa Grafik zeigt Roboter-Figuren und geometrische Formen als Symbol für Künstliche Intelligenz und Technologie-Standorte Bayern

Während Heilbronns IPAI mit Milliarden um KI-Talente wirbt, debattiert Nürnberg über Bebauungspläne. | Illustration: © Paul Blotzki

 
 

Neckarradweg führt nach Heilbronn

Sommer ist es und das Radfahren lockt. Angesichts des schönen Wetters kann man sich auch einmal weitere Strecken vornehmen. Das Angebot von Radwanderwegen ist in Deutschland inzwischen enorm. Obwohl die Ausschilderung nicht optimal ist, kann der Neckarradwanderweg von Esslingen nach Heidelberg in Baden-Württemberg in Teilen als ein Juwel gelten. Vor starker Sonneneinstrahlung schützen viele Bäume. Der Fahrradweg führt auf langen Strecken durch einen richtig grünen Baum-Tunnel. Dabei gibt es viele Möglichkeiten, einen Abstecher zu wunderbaren kleinen Städten mit viel Tradition zu machen. Herausragend Bad Wimpfen, schön Marbach und Besigheim.

IPAI Campus in Heilbronn aus der Luft

IPAI Campus in Heilbronn aus der Luft. | Quelle: © IPAI/MVRDV

Heilbronn rüstet sich für die KI-Zukunft

Überraschend interessant war Heilbronn, das sich derzeit für die Zukunft rüstet. Zusammen mit der Dieter Schwarz Stiftung und einer eher kleinen Anschubfinanzierung des Landes Baden-Württemberg werden gleich mehrere Bildungseinrichtungen erweitert und für die digitale Zukunft auf den neuesten Stand gebracht.

IPAI fordert UTN heraus

Bei der Künstlichen Intelligenz (KI) ist Heilbronn neben Karlsruhe der wichtigste Herausforderer der in Nürnberg gegründeten Technischen Universität Nürnberg (UTN). Heilbronn ist stolz darauf, beim technischen Fortschritt ganz vorne dabei zu sein. Mit dem IPAI, dem Innovation Park Artificial Intelligence, entsteht derzeit direkte Konkurrenz zur UTN. Es geht dabei um die gesamte Wertschöpfungskette bei der künstlichen Intelligenz, von der Ausbildung von Fachkräften über Forschung bis hin zur kommerziellen Anwendung.

Lidl-Milliardär baut Deutschlands Silicon Valley

Hinter IPAI steht die Schwarz-Gruppe von Dieter Schwarz, Gründer und Eigentümer von Lidl und Kaufland. Schwarz gilt als der reichste Deutsche. Aktuell soll er über ein Vermögen von 49,8 Milliarden Euro verfügen.

Neben IPAI hat er viel Geld auch in andere Bildungseinrichtungen in seiner Heimatstadt Heilbronn gesteckt. Mäzenatentum, das selten geworden ist. Dabei scheut die Familie die Öffentlichkeit und es gibt kaum Fotos von ihr.

Schwarz macht mit Forschung, Entwicklung und Bildung auf sich aufmerksam und fördert dabei das öffentliche Wohl. Die Einrichtungen ziehen sich von der Heilbronner Innenstadt bis in die Außenbereiche.

23 Hektar Wald gegen eine Milliarde Euro

Mit der IPAI-Investition auf einer Grundfläche von 23 Hektar kann auch ein so reiches Bundesland wie der Freistaat nur schwer mithalten. Bayern investiert immerhin eine Milliarde Euro in die UTN in Nürnberg. Die Ressourcen von Schwarz sind aber noch größer.

Heilbronn zeigt, Nürnberg zögert

Warum hier über den Besuch mit dem Fahrrad berichtet wird, ist der Eindruck, der entstanden ist, dass die Heilbronner stolz auf die Investitionen sind. Bei der Künstlichen Intelligenz sind sie ganz vorne dabei. Die Bildungseinrichtungen sind augenfällig. Das deckt sich auch mit den Auftritten der Stadt im Netz. Wortreich werden die wissenschaftlichen Zukunftschancen der Stadt dargestellt. Der Kontrast zu Nürnberg könnte größer nicht sein.

Technische Universität Nürnberg im Sommer 2025 mit Schildern Kampfmittelfund

Die UTN in Lichtenreuth soll Nürnbergs Antwort auf Heilbronns KI-Offensive werden. | Foto: © Janine Beck

Nürnberg stolpert über seine eigene Bäume

Im Vergleich dazu ist Nürnberg bieder bei seiner Präsentation im Netz. Die Chancen der Stadt als Universitätsstadt werden so gut wie nicht dargestellt. Die UTN rangiert eher auf der Ebene eines Polytechnikums. Aktuell dominiert wieder einmal eine Debatte über Bäume. Beim Bau der UTN auf dem Gelände entlang der Münchener Straße sind einige Bäume in Gefahr geraten, abgesägt zu werden, weil das Gelände noch einmal auf explosive Reste aus dem Zweiten Weltkrieg durchsucht wird.

Die Suche nach Kampfmitteln im Boden habt begonnen. | Foto: © Janine Beck

Vermeintliche Experten stoppen Uni-Bau

Flugs haben sich vermeintliche Experten in Nürnberg dafür ausgesprochen, den Bebauungsplan für die UTN zu ändern. Eine solche Änderung bedeutet jahrelange Verzögerungen für die neue Technische Universität, weil die Pläne sich komplett ändern müssen.

Entstehen solche Forderungen aus Unwissenheit oder aus Ignoranz? Sicher, wenn die alten Bäume gefällt werden müssen, wäre es sehr ärgerlich. Man muss sich fragen, warum das mit Sprengstoffresten kontaminierte Gelände nicht schon längst besser untersucht wurde, bevor der B-Plan aufgestellt wurde. Es war doch jahrelang Zeit. Aber man entwickelt ein Gefühl, dass in Nürnberg stets die Probleme im Vordergrund stehen und die UTN ein eher ungeliebtes Geschenk des Freistaats ist.

UTN als Nürnbergs vergessene Goldgrube

Dabei übersehen die Nürnbergerinnen und Nürnberger: Die UTN ist ihre größte Zukunftschance. Denn ihre Stadt wurde bei wissenschaftlichen Einrichtungen in den vergangenen 200 Jahren von Bayern stets zu kurz gehalten. Vielleicht sollte der Nürnberger Stadtrat im Herbst Heilbronn einmal einen Besuch abstatten und sich zeigen lassen, wie es möglich ist, sich als Wissenschaftsstadt zu definieren. Heilbronn war in der Vergangenheit auch nicht als Hotspot der universitären Entwicklung bekannt. Immerhin ist die Stadt inzwischen schon so attraktiv, dass sich die Technische Universität München am Neckar engagiert.

Hybris im kleinen Karo kostet Zukunftschancen

Nach der wirtschaftlichen Krise zur Jahrtausendwende hat Nürnberg sich im Kongress- und Messewesen stark entwickelt und der Mittelstand ist sehr aktiv. Aber es fehlt ein der Zukunft zugewandtes, positives Nürnberg-Gefühl. Manchmal hat man den Eindruck, über die Verkehrs-Energiewende entscheidet in Deutschland nur das Geschehen in Nürnberg.

Was für eine Hybris im kleinen Karo! Dass wir zur Gestaltung des Klimawandels unseren Beitrag leisten müssen, ist selbstverständlich und es ist wichtig, dass gesunde Bäume nur, wenn es nicht anders geht, abgeholzt werden. Aber es gibt auch die Notwendigkeit, die Grundlagen für zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen.

Nur mit Spitzenforschung werden wir das erreichen. Nürnberg hat in den vergangenen 25 Jahren immer noch kein Gefühl entwickelt, was die Stadt in den nächsten zehn Jahren erreichen will. Die Chancen der Stadt müssten doch einmal mit einem pragmatischen Möglichkeitssinn geprüft werden. Eine diffuse Nürnberg-Stimmung reicht nicht. Sonst rücken die Armutsschluchten wieder näher, die der DGB vor 20 Jahren ausgemacht hat.

 

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