Kaufhof Nürnberg: Abriss oder Rettung der 50er-Jahre-Ikone?

 
Kaufhof Nürnberg mit Zwischennutzung Ikea und Wöhrl

Kaufhof Nürnberg: Stadtrat entscheidet bis Herbst 2025 über Abriss oder Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes. Die große Lösung würde 250 Millionen Euro kosten. | Foto: © Janine Beck

 
 

Ikea eröffnet einen Pop-up-Store im Kaufhof Nürnberg – als clevere Zwischennutzung während wichtiger Planungsentscheidungen. Parallel muss der Stadtrat bis Herbst 2025 über die Zukunft des denkmalgeschützten Gebäudes entscheiden: Abriss oder Denkmalschutz? Das schwedische Möbelhaus testet gemeinsam mit Wöhrl den Innenstadt-Standort, während die große Lösung für 250 Millionen Euro Kaufhof und City Point zur größten Entwicklungsfläche der Nürnberger Innenstadt machen würde.

42.000 m² Entwicklungsland: Die Vision der großen Lösung

Noch ist das Herz im Lorenzer Teil der Altstadt ruhig. Die Betonung liegt auf „noch“. Doch für den ehemaligen Kaufhof und für den City Point wird nach neuen Nutzungen gesucht. Dabei geht es nicht nur um neue Geschäfte, sondern um eine grundsätzliche Entscheidung: Wird der ehemalige Kaufhof, der unter Denkmalschutz steht, saniert und umgebaut oder abgerissen? Bis Herbst soll ein Konzept vorliegen und der Stadtrat entscheiden, was für Nürnbergs Innenstadt am besten ist. 

Der Abriss würde den Weg frei machen für eine „große Lösung“: Der Kaufhof und der City Point würden zusammengelegt und gemeinsam entwickelt werden. Die Grundstücksfläche würde dann 10.600 Quadratmeter betragen. Der Kaufhof hätte alleine nur 3900 Quadratmeter. Die Nutzfläche würde von 18.000 Quadratmeter auf 42.000 Quadratmeter steigen. Ein Riesenklops für die Innenstadt. Noch dazu liegt der Kaufhof am Eingangstor zu Innenstadt. Die große Lösung ist wirtschaftlich aber offenbar nur darstellbar, wenn der Kaufhof-Bau um ein Stockwerk erhöht wird. Die große Lösung wird derzeit von der Stadtverwaltung intensiv geprüft. Die kleine Lösung, City Point und Kaufhof jeweils alleine zu entwickeln, ist derzeit nur noch eine Option. Passt aber zum Denkmalschutz.

Kaufhof City Point Nürnberg 42000 Quadratmeter Entwicklungsfläche große Lösung

Streitfall Kaufhof: Während Altstadtfreunde um die 50er-Jahre-Architektur kämpfen, plant die Stadt bereits die 250-Millionen-Euro-Entwicklung. | Foto: © Janine Beck

Denkmalschutz unter Beschuss: Was bleibt von den 50ern?

Die Altstadtfreunde jubelten jedenfalls schon, allerdings etwas verfrüht, weil der von ihnen ungeliebte Kaufhof abgerissen wird. Das Gebäude stammt aus dem Jahr 1950 und seine Architektur gilt als typisch für die Wiederaufbauzeit. Deshalb der Denkmalschutz.

Die Altstadtfreunde verfügen allerdings über einen substanziellen Einwand, denn nach etlichen Sanierungen und Modernisierungen ist von der Architektur der 50er Jahre nur noch wenig zu erkennen. Ein zusätzliches Stockwerk auf dem Kaufhof würde aber den Blick auf die Lorenzkirche beeinträchtigen. Der Denkmalschutz könnte vom Stadtrat aufgehoben werden, wenn keine wirtschaftlich tragfähige Nutzung für die historische Warenhausimmobilie gefunden werden kann. Gegen den Abriss ist derzeit die SPD, der Bund Deutscher Architekten und die Baulust. Für den Abriss die CSU.

Andrea Heilmaier Wirtschaftsreferentin Nürnberg Manhattan Feeling Kaufhof Projekt

Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmaier schwärmt von Manhattan-Feeling in der Altstadt. | Foto: © Peter Spängler, Stadt Nürnberg

Heilmaiers Traum: Manhattan-Feeling in der Altstadt

Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmaier schwärmt jedenfalls von den gestalterischen Möglichkeiten einer großen Lösung. Zusammen mit dem Kaufhof und dem City Point, der der Versicherungskammer Bayern gehört, könnten die Wegebeziehungen ein neues Gesicht erhalten und zwischen den beiden Gebäuden wäre eine Verbindung denkbar. Auch das Zeughaus könnte neue Funktionen erhalten. „Stellen Sie sich doch einmal die Möglichkeiten vor, die eine große Lösung bietet. Diese riesige Fläche wäre eine große Chance für Nürnberg“, schwärmt Heilmaier. In der dicht bebauten Altstadt wäre es eine Möglichkeit, etwas Neues zu wagen.

 
Stellen Sie sich doch einmal die Möglichkeiten vor, die eine große Lösung bietet.
— Andrea Heilmaier
 

Ihr schwebt dabei auch eine riesige, begrünte Dachlandschaft mitten in Nürnberg vor. „Da haben wir viel Platz für Grün“, sagt Heilmaier. Wir haben keinen Park in der Innenstadt. Die Wirtschaftsreferentin verweist dabei auf New York, wo eine ehemalige Hochbahn für Grünflächen genutzt wird: „Das geht auch in Nürnberg.“ Wir würden uns bei der Entwicklung des Gebietes beschränken, wenn wir die Gebäude nur einzeln sehen. Verbindet man den Kaufhof mit dem City Point, dann könnte ein Tagungszentrum etwa auf einer Ebene entstehen.

Ikea Pop-up Store Kaufhof Nürnberg Zwischennutzung September 2025

Ab September testet Ikea einen Pop-up-Store im Kaufhof. | Foto: © Janine Beck

Ikea und Wöhrl: Zwischennutzung im Kaufhof

Als Zwischennutzung zieht ab September erst einmal das Modehaus Wöhrl mit einem Abverkauf in den Kaufhof ein. Es gibt also doch eine Nutzung.

Und Wöhrl bleibt nicht alleine: Eine Teilfläche wird das schwedische Möbelhaus Ikea als Pop-up-Store nutzen. Der Möbelriese will dort eine Auswahl seiner Produkte direkt zum Mitnehmen anbieten. Größere Möbelstücke können Kunden vor Ort bestellen und sich dann nach Hause liefern lassen oder später im Einrichtungshaus Nürnberg/Fürth abholen. Ein cleverer Schachzug: Ikea testet so den Standort in der Nürnberger Innenstadt, ohne langfristige Verpflichtungen einzugehen.

Kaufhof Nürnberg Schaufenster mit UTN Universität Werbung und Meet the UTN  Display, zeigt Interesse an Flächen im künftigen Gebäude

Zukunft im Schaufenster. | Foto: © Janine Beck

Auch die neue Universität, die Technische Universität Nürnberg (UTN), die IHK, die FAU-Akademie und die Nürnberg Messe mit einem Standort für Tagungen, haben konkretes Interesse an einer Fläche im ehemaligen Kaufhof und im City Point. Die geplante Investitionssumme für die große Lösung soll insgesamt zwischen 130 und 250 Millionen Euro liegen.

Finanzlücke: Wer investiert 250 Millionen in Nürnberg?

Ein weiteres Problem ist die Finanzierung der kleinen wie der großen Lösung. Die Stadt Nürnberg hat für rund 30 Millionen Euro den Kaufhof gekauft. Sie will nicht langfristig als Immobilienentwickler auftreten. Sie benötigt aber einen Partner, dem sie vertrauen kann und der den Umbau/Neubau nicht auf die lange Bank schiebt. Ein Vorgehen wie am Aufseßplatz, dort wurde vor über zehn Jahren ebenfalls ein Kaufhof abgerissen, aber bislang nicht gebaut, kann sich Nürnberg nicht leisten. Obstmarkt im Bau, desolate Breite Gasse und dann noch eine Dauerbaustelle Kaufhof? Das ginge nicht.

Die Versicherungskammer Bayern, Eigentümer des City Points, gilt zwar als seriöser Partner, sie will aber den Kaufhof nicht übernehmen. Versicherungskammer und Stadt suchen gemeinsam einen Interessenten mit Eigenkapital für den Kaufhof, der das Projekt langfristig in seinem Bestand hält.  Bislang ist noch nicht klar, welche Nutzungen es geben wird. Eine von vielen Seiten gewünschte Markthalle dürfte es nicht sein, denn mit den bislang üblichen Konzepten lässt sich kein Geld verdienen und ein Zuschussgeschäft kann sich die Stadt nicht leisten.

Lorenzkirche Nürnberg Sichtachse Kaufhof Denkmalschutz Diskussion

Streitpunkt: Beeinträchtigt ein höherer Kaufhof den Blick auf die Lorenzkirche? | Foto: © Janine Beck

Wer zahlt, bestimmt: Investoren gesucht für Kaufhof-Vision

Bei einer Bürgerbefragung im vergangenen Jahr, wie es mit dem Kaufhof weitergehen soll, gab es Wünsche für einen Dachgarten, Kindergarten, Spielplatz und Flächen, auf denen nicht konsumiert werden muss. Allein damit lassen sich aber weder eine kleine noch eine große Lösung umsetzen. „Es sollen alle Ideen bewertet werden, damit wir sehen, was sich die Stadt leisten kann. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass wir sehen müssen, wer kommt, wer investiert und was will er haben. Wir werden als Stadt natürlich Vorgaben machen“, sagt Heilmaier. Es werden derzeit Gespräche mit Interessenten geführt. Der Investor muss zur Versicherungskammer passen. Am Ende entscheidet der Stadtrat. Das Konzept solle Ende Oktober auf der Expo-Real vorgestellt werden.

 

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