Nürnbergs teure Platz-Flickerei: Millionen für Nachbesserung
Die Stadt investiert Millionen in die Reparatur ihrer Plätze – Flickwerk statt Qualität. | Illustration: © Paul Blotzki
Lorenzer Platz: 2,36 Millionen fürs Ausbessern
Zwischen Heimatministerium und Sparkasse hat sich seit Jahren eine Endlosbaustelle etabliert. Das Kopfsteinpflaster erhält mehrere Reißverschlüsse: Es wird auf- und zugemacht. Der Teer wird schlampig ins Kopfsteinpflaster reingeschmiert. Was vorher sauber verlegte Steine waren, wird zum unästhetischen Belag. Einer Touristenstadt unwürdig.
Diejenigen, die Straßen öffnen, sind vom Gesetz her verpflichtet, den Belag wieder wie vorher zu schließen. Das ist in Nürnberg meistens eine Illusion. Da müsste vonseiten der Stadt mehr Druck ausgeübt werden. Doch dann wären auch die städtischen Töchter betroffen.
Pfusch am Pflaster
Der Belag am Lorenzer Platz war zuletzt von Teerkrampfadern durchzogen. In den vergangenen Wochen wurde der Belag kurz vor der Fertigstellung noch einmal großflächig aufgemacht: Durch diese Entsiegelung können Bäume gepflanzt werden. Der Platz wird damit insgesamt ökologisch aufgewertet. Angeblich soll er noch eine moderne Gestaltung erhalten, wie im zuständigen Stadtplanungsausschuss zu hören war. Wir sind schon jetzt sehr gespannt, was auf uns zukommt. Die Moderne hat es in Nürnberg nicht immer einfach.
Das kostet natürlich: 2,36 Millionen Euro soll die Maßnahme kosten. 461.000 Euro davon zahlt die Stadt selbst. Den Rest übernehmen die Zukunftsstiftung der Sparkasse sowie die Regierung von Mittelfranken, also der Freistaat.
Ludwigsplatz: Sieben Baumstandorte kosteten die Stadt zusätzlich 863.000 Euro. | Foto: © Janine Beck
Ludwigsplatz: Nachträglich grün für 863.000 Euro
Auf dem Ludwigsplatz werden ebenfalls Bäume gepflanzt. Offenbar hatten die Planer bei der Sanierung des Platzes verdrängt, dass es auch ökologische Fragen bei der Neugestaltung des Platzes zu beantworten gilt: Bäume wurden schlicht aus Rücksichtnahme auf die baulichen Gegebenheiten nicht gepflanzt, weil im Untergrund viele Strom- und Gasleitungen verlegt sind und die U-Bahn fährt. Da haben es sich die Planer schon sehr leicht gemacht. Die Stadt muss bei der Anpassung an den klimatischen Wandel doch ein Vorbild sein. Sie kann nicht mit dem Hinweis auf schwierige Gegebenheiten im Untergrund auf ökologische Verbesserungen verzichten.
7 Bäume, die man hätte mitdenken können
Aufgrund einer Anweisung des Oberbürgermeisters Marcus König wurden im Osten des Platzes jetzt doch noch Möglichkeiten gefunden, Bäume zu pflanzen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit angesichts der klimatisch sich verändernden Bedingungen. Am Ende wurden dann doch noch sieben Standorte für Baumpflanzungen entdeckt. Derzeit werden zwei Bäume auf der Südseite des Ludwigsplatzes gepflanzt. Dafür muss der Platz erneut aufgerissen werden, um Baumscheiben anzulegen. Kosten 863.000 Euro.
Das hätte man wohl auch etwas günstiger haben können, wenn von Anfang an zukunftsbewusst mitgedacht worden wäre. Bäume entlasten nicht nur das Klima. Sie sorgen auch für Gestaltung, weil sie Plätzen Struktur geben und sich atmosphärisch positiv auswirken. Wer will denn im Jahr 2025 einen platten Platz von dieser Größe nur aus Steinen haben? Vielleicht die Straßenreinigung?
Die Breite Gasse wird nur teilweise saniert - Unklarheit über Kaufhof-Zukunft bremst Planung. | Foto: © Janine Beck
Breite Gasse: Der nächste teure Kompromiss
Die angrenzende Breite Gasse wird in den nächsten Jahren auch saniert, wir berichteten. Im ersten Schritt leider nur bis zur Kreuzung Färberstraße/Breite Gasse. Die Bäume sind beim ersten Teilstück zum Glück schon fest eingeplant. Dass es nicht weiter geht und die Breite Gasse in einem Stück saniert wird, liegt daran, dass noch nicht klar ist, wie der Kaufhof und der City Point künftig genutzt werden. Und vor allem, von wem?
Schwierigkeiten bei den Bauarbeiten bereitet auch ein alter Kanal aus dem 19. Jahrhundert, der unter der Breiten Gasse liegt. Es ist nur zu hoffen, dass bei den anstehenden Bauarbeiten nicht auch noch archäologische Splitter entdeckt werden, sonst dauert die Baustelle erheblich länger.
Baustelle in Neunhof: Archäologische Funde verlängern die Bauzeit des 3,5 Kilometer langen Kanals von ursprünglich fünf auf elf Jahre. | Foto: © Janine Beck
Archäologie als Kostenfalle der Stadtentwicklung
In Neunhof soll sich die Bauzeit eines 3,5 Kilometer langen Kanals von fünf auf elf Jahre verlängern! Der Grund sind archäologische Funde im Boden.
Angesichts der Kosten, die für die Säuberung und Verwahrung von Tonscherben, verrosteten Nägeln und Toilettenresten bei Neubauvorhaben anfallen können, sollte sich der Gesetzgeber schon einmal überlegen, ob mit der Aufbewahrung von Resten des Alltags aus der Vergangenheit, die Zukunftsfähigkeit einer Stadt nicht abnimmt: Wer in Nürnberg gräbt, der findet immer etwas und das geht ins Geld, weil dann archäologische Grabungen Pflicht werden.
Diese Finanzmittel sollten besser für die Sanierung der maroden Infrastruktur eingesetzt werden und nicht für altes „Glump“, wie die Nürnberger sagen. Ja, das ist undifferenziert. Aber es kann nicht alles so unhinterfragt weiterlaufen wie in der Vergangenheit. Das Geld ist nicht mehr dafür da, alle Scherben einzusammeln oder wie beim Wirtschaftsrathaus auszugraben und wieder zuzuschütten.
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