Nürnberg: objektiv reich, subjektiv unglücklich – und zwar 0,28 Punkte unglücklicher als der Durchschnitt der deutschen Großstädte. | Illustration: © Paul Blotzki

 
 

Wohlstand macht nicht zufrieden

Vor wenigen Tagen wurden die Ergebnisse des SKL Glücksatlas vorgestellt. Das Forschungszentrum Generationenverträge von der Universität Freiburg hatte zusammen mit dem renommierten Institut für Demoskopie Allensbach zwischen 2021 und 2024 in den 40 größten deutschen Städten insgesamt 25.557 Menschen befragt, wie ihre persönliche Lebenszufriedenheit ist. Nürnberg kam mit 6,56 Punkten nur auf Platz 33.

Der schlechteste Wert für eine Großstadt in Bayern. Von den objektiv, statistisch messbaren Daten her, den Wohlfahrtsindikatoren wie Einkommen, Wohlstand, Gesundheitsvorsorge und Infrastruktur, hätte Nürnberg auf Platz 15 kommen müssen. Bei der subjektiven Selbsteinschätzung der Befragten kommt die Stadt aber nur auf Rang 33. Die Bevölkerung Nürnbergs ist um 0,28 Punkte unglücklicher als der Durchschnitt der deutschen Großstädte. Woran liegt der schlechte Wert und ist er überhaupt maßgeblich?

Bitter ist natürlich, wenn man sich die Zahlen einmal genauer anschaut. Sieger wurde Kassel, danach folgen auf den nächsten Plätzen Erfurt, Aachen, Kiel, Krefeld, Münster und Augsburg. Alles Städte, die in der Regel nicht groß auffallen.

Bayerns Glücksoase heißt Augsburg. | Foto: © privat

Kleine Städte, großes Glück

Erst auf Patz acht kommt mit Düsseldorf die erste Großstadt. Offenbar ist die Bevölkerung in kleineren Städten zufriedener als in großen Städten. Laut Bernd Raffelhüschen, dem Leiter der Studie, wird an den kleineren Städten die familiäre Atmosphäre, die Ruhe und die gute Luft geschätzt. Bei Düsseldorf kommt aber wohl alles zusammen. Reichtum und gute Luft.

 
 

Ausschlaggebend für die eher bescheidene Lebenszufriedenheit sind oft das hohe Mietniveau und der unerfüllbare Wunsch, sich ein Eigenheim leisten zu können: Berlin landete deshalb auf den 37. Platz. München und Freiburg, die angesichts ihrer objektiven Statistiken ganz weit vorne stehen müssten, kommen auf Platz 24 und Platz 22. Ganz schlimm erwischt es Karlsruhe. Die Badener müssten nach den objektiven Kriterien auf Platz 2 stehen, landeten aber bei den subjektiven Bewertungen auf dem vorletzten Platz.

Die Menschen in Nürnberg sind mit ihrem Leben deutlich unzufriedener als es die objektiven Wohlfahrtsindikatoren erwarten lassen. | Foto: © Janine Beck

Die Forscher haben Nürnberg einen hohen Wohlstand, einen funktionierenden Arbeitsmarkt, eine überdurchschnittliche Kaufkraft attestiert. Erklärt wird die schwächelnde Bewertung damit, dass es zu wenig Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten gibt. Es fehlt an Sportplätzen, Grünflächen, Schrebergärten und Schwimmbädern. In allen diesen Bereichen hat Nürnberg unterdurchschnittliche Bewertungen. Besonders negativ bewerten Personen mit einem niedrigen Bildungsgrad und alleinlebende Menschen ihre Zufriedenheit. Dagegen steigt die Zufriedenheit überproportional an, wenn Kinder im Haushalt leben.

Chancen zur Verbesserung: Familienglück und Grünflächen

Natürlich kann man einwenden, dass in Nürnberg nur 384 Personen befragt wurden. Doch die Bedingungen der Umfragen waren in allen Städten gleich. Beim schlechten Abschneiden bei den Grünflächen spielt natürlich wieder einmal das kleine Stadtgebiet im Vergleich zu anderen Großstädten eine Rolle: Die Zaboraner zum Beispiel wohnen direkt am Reichswald. Für die Bewertung spielt das keine Rolle, denn der Reichswald gehört dem Freistaat und nicht der Stadt Nürnberg. Es sollte kein Bewohner einer Großstadt, so die Kriterien der Studie, mehr als 300 Meter entfernt von einer Grünfläche wohnen. Jeder fünfte muss in Nürnberg mehr als 300 Meter zurücklegen, um eine Grünfläche zu erreichen. In anderen Städten ist das deutlich weniger.

“Etwas mehr als 38 Prozent aller in Nürnberg Befragten geben auf der Skala zwischen 0 und 10 Werte zwischen 8 und 10 an und sind somit mit ihrem Leben hochzufrieden. Knapp die Hälfte ist nur mäßig zufrieden. In Bayern sind dagegen 46,6 Prozent hochzufrieden, in Gesamtdeutschland 42 Prozent”, heißt es in der Umfrage. Nürnberg habe wenig echte Stärken, aber auch wenig ausgeprägte Schwächen. Offenbar kann Nürnberg mit im Vergleich relativ wenigen Straftaten und Wohnungseinbrüchen nicht punkten. Immerhin liegt die Stadt beim Wohlstand auf Platz 17 von 400 Stadt- und Landkreisen, im Freizeitbereich kommt sie aber nur auf nur auf Platz 154.

Mehr Grün, bessere Kinderbetreuung und Freizeitangebote für mehr Glück in der Stadt. | Foto: © Janine Beck

Solche Umfragen sind natürlich keine konkreten Handlungsanweisungen für die Politik. Aber der Wunsch nach mehr Grünflächen, und auch die relativ schlechte Betreuungsquote für Kinder unter drei Jahren sollten ernst genommen werden. Angesichts der schlechten Kassenlage ist es aber schon ein erster Lichtblick, dass Nürnberg die Grünpauschale in den nächsten Jahren von 515.000 auf 700.000 Euro hochsetzen wird. Auch bei der Betreuungsquote wurde in den vergangenen Jahren viel erreicht. Es langt aber noch nicht.

Sisyphus bleibt noch länger in Nürnberg. Es gibt genug zu tun.

 

Das Glücksstädteranking 2024

Die Over- und Underperformer im Städteranking des Glücks. | Quelle: © SKL Glücksatlas


Mehr Artikel

Wie viel Zukunft kostet Nürnberg?

12. Mai 2024 – Kreuzungsfreier Frankenschnellweg, Opernhaus, Stadion: Die Mammutaufgaben für Nürnbergs Kämmerer.

Weiterlesen

Skipisten, Hobithöhlen und die Rückkehr des heiteren Lebens

10. September 2023 – Dänemarks Ansatz für eine lebenswerte Stadt.

Weiterlesen

Die bezaubernde Welt der Pocket Parks

23. Juli 2023 – Nürnbergs Grün in der Warteschleife.

Weiterlesen

Zurück
Zurück

Nürnberg plant groß

Weiter
Weiter

“Monsterbahn”? Ja, bitte!