Illustration: © Paul Blotzki

 
 

Ein Blick auf die potenziellen OB-Kandidaten

Die nächste Kommunalwahl findet erst 2026 statt. Wer tritt als OB-Kandidat an, wer will Bürgermeisterin oder Bürgermeister werden? Ein großes Gerangel in den Parteien wird es wahrscheinlich nicht geben, denn die Zahl der möglichen Interessenten, die eine gute Chance haben, ist überschaubar. Leider leidet der Stadtrat seit Jahren an fachlicher Auszehrung. Das betrifft alle Parteien und Einzelstadträte/innen.

Offenbar wollen sich immer weniger die schwierigen Auseinandersetzungen auf der kommunalpolitischen Ebene antun. Wer sich richtig engagiert, der muss viel Freizeit für das politische Basisgeschäft opfern, denn die Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger ist groß. Dank gibt es selten. Der finanzielle Ausgleich für ehrenamtlich Stadträte ist wenig attraktiv. Für Gutverdiener lohnt es sich finanziell überhaupt nicht.

CSU: König bleibt König

Oberbürgermeister von Nürnberg Marcus König

Oberbürgermeister Marcus König | Foto: © Christine Dierenbach, Stadt Nürnberg

Bei der CSU wird keine Glaskugel benötigt. Marcus König, überraschender Sieger bei der Kommunalwahl 2020, ist innerparteilich unumstritten. Er wird 2026 sicherlich für eine zweite Periode als Oberbürgermeister kandidieren. König gilt als jovial, geht auf die Menschen zu und versucht schnell zu reagieren, wenn sich in der Stadtgesellschaft etwas zusammenbraut.

Er hat die Nordanbindung des Flughafens an die Autobahn und die Neubaugebiete, die im Umfeld des Flughafens entstehen sollten, beerdigt, weil der Widerstand in der Bevölkerung groß war. Das Hafenindustriegebiet Süd bleibt auf Dauer Wald und er hat kaum etwas unternommen, um für das ICE-Ausbesserungswerk, das in Nürnberg angesiedelt werden sollte, einen Platz zu finden. Hier gab es großen Widerstand von den möglichen Anliegern und vom Bund Naturschutz.

König wird nachgesagt, dass er auch beim Frankenschnellweg nach einer Alternative zum kreuzungsfreien Ausbau sucht. Sein größtes Manko ist, dass er versucht, es jedem recht zu machen und manchmal eine klare Linie fehlt. Auch gegenüber Ministerpräsident Markus Söder sollte er mehr auf seine Eigenständigkeit pochen.

Abschied einer Ikone?

Julia Lehner 2. Bürgermeisterin Nürnberg

2. Bürgermeisterin, Prof. Dr. Julia Lehner | Foto: © Christine Dierenbach, Stadt Nürnberg

Spannend dürfte aber die Nachfolge für Bürgermeisterin Julia Lehner werden. Sie hat sich zwar noch nicht erklärt und es gelten auch keine Altersgrenzen mehr in der Kommunalpolitik. 2026 wäre sie 72, dass sie dann noch einmal antritt, gilt in der CSU als nahezu ausgeschlossen. Mit Lehner würde die CSU aber ein politisches Schwergewicht verlieren, das in der Stadtgesellschaft viel Anerkennung genießt und große Unterstützung erhält. Die Politikerin hat ihre Partei kulturell stark gemacht und dafür gesorgt, dass Höhenkammkultur und Alternativkultur sich nicht widersprechen, sondern beide für die Identität einer Stadt zentrale Komponenten sind.

Die kulturellen Baustellen, an denen seit Jahren gearbeitet wird, sind noch immer groß: Modernisierung der Ausstellung Reichsparteitagsgelände, Sanierung des Opernhauses, Gestaltung und Bau des Opernhaus-Interims, und mittelfristiger Aufbau eines Hauses des Spiels. Insider befürchten, dass die Sanierung des Opernhauses auf die lange, wahrscheinlich ganz lange Bank geschoben wird, wenn Lehner geht. Es gibt deshalb etliche Unterstützer, auch außerhalb der Politik, die Lehner überreden wollen zu bleiben. Sollte sie tatsächlich noch einmal wollen, dann könnte ihr die CSU das nicht ausreden. 

Julia Lehner und die ungewisse Zukunft der Kulturpolitik

Würde Lehner in den Ruhestand wechseln, dann hätte es die Kultur sehr schwer, noch gehört zu werden, denn es ist weit und breit keine Nachfolgerin oder Nachfolger für diesen Themenbereich in Sicht. Einzig und allein CSU-Stadträtin Marion Grether, die derzeit Leiterin der Filiale des Deutschen Museums ist, käme aus dem Stadtrat von der Kompetenz vonseiten der CSU her in Betracht. Dass Grether, wenn die CSU wieder die stärkste Fraktion im Stadtrat wird, auch noch die Würde einer Bürgermeisterin erhält, ist unwahrscheinlich, denn dafür steht schon CSU-Fraktionschef Andreas Krieglstein bereit

Krieglstein hält als Vorsitzender die Fraktion eisern zusammen und gilt als durchsetzungsfähig. In der CSU heißt es, dass Krieglstein unbedingt Bürgermeister werden will. Das geht aber nur als Referent. Da der CSU-Politiker aber über kein einschlägiges Fachstudium verfügt, ist die Auswahl der Referate sehr eingeschränkt. Krieglstein müsste entweder Bürgermeister Christian Vogel aus dem Amt drängen oder aber das Wirtschaftsressort, das er wohl als gelernter Banker führen kann, übernehmen. Allerdings ist Andrea Heilmeier, die vor kurzem bestallte Wirtschaftsreferentin 2026 erst drei Jahre im Amt. Sie muss dann wohl in Fürth untergebracht werden, denn sie soll Spitzenkandidatin der Fürther CSU bei der Kommunalwahl werden. Dann wäre der Weg für Krieglstein frei.

Beobachter bemerken aber auch, dass die Nürnberger Schulreferentin Cornelia Trinkl, ebenfalls CSU, sich immer mehr in den Vordergrund drängt und vielleicht auch bürgermeisterliche Ambitionen hegt. Noch dazu ist Trinkl eine Frau, was sich in einer von Männern dominierten Stadtspitze immer gut macht.

SPD: Vogel vs. Ahmed

3. Bürgermeister, Christian Vogel | Foto: © Christine Dierenbach, Stadt Nürnberg

Nasser Ahmed, Vorsitzender der SPD Nürnberg | Foto: © Lennart Preis

Bei der SPD ist das personelle Planspiel nicht so kompliziert. Es sei denn, sie erobert wieder den Posten des Oberbürgermeisters. Christian Vogel wurde im März 2019 von der Ankündigung Ulrich Malys, nicht mehr als Spitzenkandidat der SPD bei der Kommunalwahl 2020 anzutreten, überrascht. Dass die SPD-Spitze sich im Spätsommer 2018 hinter seinem Rücken auf die Kandidatur von Thorsten Brehm als OB-Spitzenkandidat geeinigt hat, nahm Vogel hin. Geärgert hat er sich wahrscheinlich schon, öffentlich gesagt hat er es aber nicht, und er hätte auch gute Chancen gehabt, Maly zu beerben.

Vogel gilt als populär und offen. Dass er rhetorisch nicht an Maly heranreicht, hätte er durch Volksnähe und Engagement wettgemacht. Vogel hält sich mit Äußerungen über seine Ambitionen derzeit zurück. Mit 57 hätte er 2026 das passende Alter. In dieser Wahlperiode konnte er auch seinen Bekanntheitsgrad noch erheblich steigern: Der Servicebetrieb öffentlicher Raum (Sör), dem er vorsteht, läuft rund, die Sanierung des Volksbads, das Vogel betreut hat, wird 2025 abgeschlossen und dem Bürgermeister ist gelungen, Geld für den Wiederaufbau des Volksbadturms aufzutreiben. Wenn ihm auch noch den Neu- und Umbau des Stadions auf den Weg bringt, dann hätte er wohl sehr gute Chancen im Wahlkampf – sollte er die Kandidatur wollen und die SPD macht mit. 

SPD-Stadtrat Nasser Ahmed, Vorsitzender der SPD Nürnberg, gilt innerhalb seiner Partei als politisches Talent und ihm wird nachgesagt, dass er die OB-Kandidatur will. Der Politologe ist 36 und gilt als smart. Er ist taktisch versiert. Spring aber auch über jedes Stöckchen, das ihm hingehalten wird. Wie Maly kommt er bei Frauen sehr gut an. Mit Ahmed würde die SPD in Nürnberg einen völligen Neuanfang wagen, der vor allem auch bei Migranten gut ankommt. Bislang drängt sich sonst kein Kandidat oder Kandidatin auf.

Grünes Licht für Britta Walthelm

Britta Walthelm, Referentin für Umwelt und Gesundheit | Foto: © Christine Dierenbach, Stadt Nürnberg

Bei den Grünen dürfte es auf die Kandidatur von Britta Walthelm zulaufen. Die Umwelt- und Gesundheitsreferentin ist nach dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Achim Mletzko, das bekannteste Gesicht der Grünen in Nürnberg. Noch dazu ist sie eine Frau. Mletzko dürfte aber aus Altersgründen, er wäre 2026 dann 69 Jahre alt, wohl nicht mehr als OB-Kandidat antreten. 

Bei allen gut begründeten Personalspekulationen gibt es natürlich immer wieder Überraschungen. Entscheiden müssen sich die Parteien erst 2025, intern festlegen wohl schon Ende 2024.

 

 

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