Kreuzungsfreier Ausbau: Willkommen in Nürnberg

 
Frankenschnellweg Baubeginn

Nach dem Urteil auch noch eine Finanzierungszusage vom Ministerpräsidenten: 80 Prozent Förderung für den Ausbau des Frankenschnellwegs. | Illustration: © Paul Blotzki

 
 

Das ewige Warten hat (vielleicht) ein Ende

 
 

Zunächst hat es so ausgesehen, dass es das Ende einer langen Geschichte ist. Doch es könnte auch ein Neubeginn sein: Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München hat nach neun Jahren entschieden und die Planungen für den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs als rechtmäßig eingestuft.

Dass es so lange mit der Entscheidung gedauert hat, lag daran, dass sich die Verhandlungen über einen Vergleich zwischen Bund Naturschutz (BN) und Stadt Nürnberg jahrelang gezogen haben und die BN-Basis ihn am Ende verworfen hat. Angesichts der rechtlichen Unsicherheit konnte die Stadtverwaltung unter Federführung von Bürgermeister Christian Vogel (SPD) nicht mit dem Bau beginnen.

Das Ergebnis, dass inhaltlich an den Planungen nichts auszusetzen ist und die städtischen Planer sich an die Regeln gehalten haben, war für Fachleute keine Überraschung.

Überraschend ist aber, dass eine Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nicht zulässig ist. Die Münchner Richter gehen offenbar davon aus, dass alle Fragen schon mehrfach beantwortet wurden. Der BN hat allerdings schon einmal angekündigt, dass er gegen das Revisionsverbot klagen wird. Die juristischen Erfolgschancen sind nach den umfangreichen Erörterungen des Projekts in der Vergangenheit aber unwahrscheinlich.

Sieger und Verlierer? Stadt und Freistaat haben sich zwar vor Gericht durchgesetzt, sie können sich aber nicht als Sieger fühlen, denn durch die Verzögerungstaktik vom Bund Naturschutz ist der kreuzungsfreie Ausbau sehr teuer geworden. Die Wahrscheinlichkeit, dass gebaut wird, schien angesichts der Kostenentwicklung auf den Nullpunkt zu sinken.

Söders Doppelschlag

Ursprünglich sollte das Vorhaben rund 400 Millionen Euro kosten. Derzeit liegen die Schätzungen schon bei rund 900 Millionen Euro. Ministerpräsident Markus Söder hat jetzt mit dem Versprechen einer sehr hohen Zuschussquote von 80 Prozent, die auch nicht gedeckelt ist, neuen Schwung in die Diskussion gebracht. Damit vermeidet er auch, dass das „Aus“ für den kreuzungsfreien Frankenschnellweg an der Landesregierung hängen bleibt. Mit der hohen Förderquote könnte die Staufalle in Nürnberg endlich doch entschärft werden.

Der Ministerpräsident hat am selben Tag aber nicht nur den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs neu angeschoben, sondern auch den Bau der Stadtumlandbahn zwischen Nürnberg, Erlangen und Herzogenaurach, ein Umwelt-Premium-Projekt, gefordert. Auch in diesem Fall soll es eine großzügige Förderung geben.

Die Stadtumlandbahn auf der Bundesstraße 4 – Blick südöstlich vom Preußensteg in Erlangen in Richtung Nürnberg | Quelle: © Claus Hirche / ZV StUB

Trotzdem blieb der parteiinterne Jubel vor Ort aus. Es sind harte Nüsse für die CSU vor Ort, die in den nächsten Wochen von den Schwarzen geknackt werden müssen. Die Erlanger CSU lehnt die Stadtumlandbahn bislang ab und Nürnbergs OB Marcus König ging angesichts der Kosten schon auf Distanz zum Bau des Frankenschnellwegs.  

 
 
Daher empfehle ich, nun innenzuhalten, und die Situation noch einmal genau zu bewerten. Gibt es Ansätze, wie wir im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner sowie der Verkehrsteilnehmer schneller, günstiger und zeitgemäßer zu einer verträglichen und umweltverträglichen Lösung kommen können?
— Oberbürgermeister Marcus König
 
 

Das Narrativ, das er erzählen wollte, deutete Nürnbergs König mit einer rhetorischen Frage am Tag der Entscheidung zum Frankenschnellweg schon einmal an: „Daher empfehle ich, nun innenzuhalten, und die Situation noch einmal genau zu bewerten. Gibt es Ansätze, wie wir im Sinne der Anwohnerinnen und Anwohner sowie der Verkehrsteilnehmer schneller, günstiger und zeitgemäßer zu einer verträglichen und umweltverträglichen Lösung kommen können?“

Ändert die Stadt aber die Pläne, dann wird der Freistaat sehr genau überlegen, ob er für einen Ausbau light Geld gibt. Söder will den kreuzungsfreien Ausbau und sonst nichts, das hat er noch einmal deutlich gemacht. Es ist auch verkehrlich die beste Lösung.

Grünes Licht Ausbau Frankenschnellweg

Grünes Licht für den Ausbau des Frankenschnellwegs. | Foto: © Janine Beck

Der Preis des Wartens

Die Antwort auf Königs Frage lässt sich leicht geben. Seit neun Jahren ist im Grunde nichts passiert. Das Innehalten dauert also schon sehr lange und die Alternativen wurden alle mehrfach durchdiskutiert und auf ihren verkehrlichen Nutzen hin analysiert:

  • Der Umbau des Frankenschnellwegs zu einem Kanal zwischen Nürnberg und Fürth ist ein Gag, mehr nicht.

  • Der Bau von alternativen Straßenbahnstrecken, um die verkehrliche Belastung des Frankenschnellwegs zu reduzieren, ist nicht kompatibel mit den Wünschen der Nutzer des Frankenschnellwegs.

  • Neue Schienenwege sind ebenfalls teuer und bringen an dieser Stelle verkehrlich nur sehr wenig. Die Akten der Analysen von Verkehrsexperten müssten alle noch im Baureferat vorhanden sein.

  • Auch ein eher kleiner Umbau des vorhandenen Frankenschnellwegs löst das Stau-Problem nicht.

Wer behauptet, noch einmal neu nachdenken zu wollen, wird folgendem Wunschdenken verfallen: Es fahren künftig deutlich weniger Autos auf dem Frankenschnellweg, natürlich vorwiegend mit leisen E-Autos, und um den Rest kümmert sich eine neue Straßenbahn Richtung westliches Mittelfranken. Das wäre die Abkehr von einer rationalen Diskussion aktueller Verkehrsprobleme. Eine Träumerei.

Spannend wird es jetzt, wenn sich SPD und Nürnberger CSU doch noch auf einen kreuzungsfreien Frankenschnellweg einigen, weil es viel Geld aus München gibt. Sie haben es den Wähler versprochen, auch wenn es schon Absetzbewegungen bei den Jüngeren in der SPD gibt.

Söder hat allerdings geschickt die Förderzusage für den Frankenschnellweg mit einer für die Stadtumlandbahn verknüpft, da geht er auf rein ökologisch denkende Menschen zu. Zusammengenommen ist das ein Verkehrspaket, von dem die ganze Region profitiert. Das könnte die Zustimmung der bisherigen Gegner des kreuzungsfreien Ausbaus erleichtern.

Tunnel oder Ausbau light?

Ein Ausbau light als Alternative zum kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs mit einem Tunnel ist wenig attraktiv: Die Ausfahrt vom Frankenschnellweg von Norden Richtung Südstadt würde geschlossen werden. Damit hätte die Stadt ein Stauproblem weniger. Es würde aber einen Umwegverkehr geben, denn viele Autofahrer wollen oder müssen in die Südstadt.

Simulation Frankenschnellweg nach der Sanierung

So könnte der Park auf dem “Grünen Deckel” des neuen Tunnels aussehen. Der Frankenschnellweg soll zwischen der Stadtgrenze und der Otto-Brenner-Brücke in zwei voneinander getrennten Abschnitten kreuzungsfrei ausgebaut werden. Ziel des Ausbaus ist, die Überlastung des Frankenschnellwegs und der umliegenden Straßen zu verringern. | Quelle: © Stadt Nürnberg / Langhuggerramp

Zusätzlich kann es einen verbesserten Lärmschutz in Form von Lärmschutzwänden an der Südseite des Frankenschnellwegs geben, den die Stadt aber alleine finanzieren müsste. Das war es dann. Auch diese kleinen Veränderungen werden Jahre bis zu Umsetzung benötigen. Angeblich soll es aber im Verkehrsplanungsamt schon neue Pläne für den Frankenschnellweg light geben. Wie das mit Plänen geht, haben wir in den vergangenen neun Jahren erlebt.

Verlierer, wenn nichts oder wenig passiert, sind die Anlieger am Frankenschnellweg, die weiter Lärm und Abgasen ausgesetzt sind. Die Autofahrer würden im Stau stehen, ob mit E-Auto oder mit Verbrenner.

Als Sieger, innerhalb seines Wertekanons, kann sich der BN fühlen, der es geschafft hat, den kreuzungsfreien Ausbau des Frankenschnellwegs und ein Stück Stadtreparatur zu verhindern, weil er alle Register gezogen hat, das Verfahren in die Länge zu ziehen.

Durch diese Verzögerung wurde aber auch der Druck auf die Landesregierung größer, die Fördermittel deutlich zu erhöhen. Wenn am Ende doch gebaut wird, dann hat, Ironie der Geschichte, der BN für eine bessere Förderung, die Nürnbergs Kassen entlastet, gesorgt.

Der Frankenschnellweg ist ein Paradestück, wie die Umsetzung von demokratischen Beschlüssen von Parteien, die Experten und betroffene Bürgerinnen und Bürgern in einem transparenten Entscheidungsverfahren eingebunden haben, durch Verbände wie dem Bund Naturschutz verhindert werden. 

Das ist ein grundsätzliches Legitimationsproblem, denn der Bund Naturschutz hat in diesem Fall kein Mandat von Wählerinnen und Wählern. CSU und SPD, die den Frankenschnellweg kreuzungsfrei ausbauen wollten, hatten aber eines.

Mit der großzügigen Förderzusage Söders ist allerdings das letzte Kapitel noch nicht abgeschlossen. SPD und CSU haben es in der Hand.

 

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