Nürnberg 2026: Vogel kandidiert nicht mehr als Bürgermeister
Christian Vogel, populärer Brückenbauer in Nürnbergs Stadtrat, zieht sich 2026 zurück – ein schmerzlicher Verlust für die SPD. | Foto: © Christine Dierenbach, Stadt Nürnberg
Gesundheit und gesellschaftliches Klima beenden Vogels Amtszeit
Nürnbergs Bürgermeister Christian Vogel tritt bei der nächsten Kommunalwahl im März 2026 nicht mehr an. Das ist eine große Überraschung. In seiner Erklärung nannte er gesundheitliche Gründe für diesen Schritt. Vogel will oder muss mehr auf die „Hilferufe seines Körpers“ hören, wie er schreibt.
Der 55-Jährige verwies aber auch auf das rauer werdende gesellschaftliche Klima, das ihm zu schaffen macht. “Die Ignoranz gegenüber den staatlichen und städtischen Fachkräften“ habe erheblich zugenommen. Bedrohungen, Beleidigungen und fehlendes Vertrauen in die guten Absichten der städtischen Verwaltung würden jeden Tag eine neue Belastung sein und hätten auch zu seiner Entscheidung beigetragen.
35 Jahre hat Vogel politische Funktionen ausgeübt. Seine Karriere begann in der SPD. Er war 14 Jahre Vorsitzender, Schatzmeister und dann Bürgermeister. Vogel hat aufgrund seiner Nürnberger Sprachfärbung kaum rhetorisches Talent. Er ist aber ein politisches Schwergewicht. Mit ihm verliert die SPD einen ausgesprochen populären und fachkundigen Politiker, der über alle Parteigrenzen hinweg akzeptiert wird und den die Partei vorerst nicht ersetzen kann.
Die Kommunalwahl im März 2026 wird für die SPD noch schwerer werden. Der bürgernahe Vogel wäre die ideale Ergänzung für den eher intellektuellen OB-Kandidaten Nasser Ahmed gewesen.
Bei der Aufstellung des OB-Kandidaten zur Kommunalwahl 2020 überging die SPD 2019 Vogel, obwohl er schon vor sechs Jahren ein Zugpferd war. Das war eine Kränkung für ihn, die er schwer verwunden hat und Außenstehende verwunderte. Die Entscheidung wurde als weiterer Selbstmordversuch der SPD in Bayern eingeordnet.
Volksbad, Stadion, FSW: Vogels Großprojekte für Nürnberg
Der joviale Vogel wird nicht nur menschlich, sondern auch fachlich im Stadtrat fehlen. Er hat in den vergangenen Jahren die dicksten Bretter bohren, sprich die schwierigsten Probleme begleiten und lösen müssen. Die Planungen des kreuzungsfreien Frankenschnellwegs wurden ständig vom Bund Naturschutz verzögert. Da ging es nicht mehr um Fachwissen, sondern um die Torpedierung eines Vorhabens. Vogel hielt tapfer dagegen, weil er wusste, die Stadtverwaltung hat eine saubere Arbeit bei der Begründung und Ausarbeitung der Pläne geliefert. Rückendeckung von „seiner“ SPD und vom Kooperationspartner CSU erhielt er selten.
Die Sanierung des Volksbads hat er erfolgreich vorangetrieben. Selbst der Wiederaufbau des Turms ist ihm gelungen, weil er Spendengelder erfolgreich eingeworben hat.
Auch Stadionpläne tragen Vogels Handschrift
Auch bei der Modernisierung und beim Umbau des Max-Morlock-Stadions hat Vogel bislang Augenmaß bewiesen und erfolgreich die planerischen und konzeptionellen Voraussetzungen geschaffen. Nürnberg kann tatsächlich von einem neuen Stadion nicht nur träumen, sondern realistisch auf ein Fußballstadion hoffen.
Erneuerung der Feuerwehrhäuser der Freiwilligen Feuerwehren und Neubau der Feuerwache im Nürnberger Westen. Erweiterung des Tiergartens. Die Sanierung der Hafenbrücken. Das kann sich Vogel alles in seinen Lebenslauf reinschreiben lassen. Fehler hat er dabei fast keine gemacht.
Beim Frankenschnellweg und beim Stadion macht ihn so schnell niemand etwas vor. Es gibt keinen Kollegen und keine Kollegin im Stadtrat, der oder die in beiden Bereichen auch nur ansatzweise über so viel Wissen wie Vogel verfügt.
Es wird ab 2026 spannend, ob die SPD am Frankenschnellweg, den sie mitbeschlossen hat, festhält oder opportunistisch auf die Seite der Grünen schwenkt und wer am Ende das Stadion-Vorhaben über alle Hürden bringt.
Nürnbergs Zukunft nach Vogel: CSU-Ambitionen und drohender Kompetenzabfluss
Die CSU verliert mit Vogel einen fairen Kollegen in der Stadtspitze, auf den sie sich immer verlassen konnte. Im Umkehrschluss, vor allem beim Stadion, war das nicht immer so. Schon in den vergangenen Monaten wurde im Rathaus darüber diskutiert, wie denn die Verteilung und der Zuschnitt der Referate nach der anstehenden Kommunalwahl aussehen werden. CSU-Fraktionschef Andreas Krieglstein wird nachgesagt, dass er unbedingt Bürgermeister werden will. Jetzt macht Vogel den Posten frei. Natürlich muss die CSU aber erst einmal die Wahl gewinnen.
Kulturbürgermeisterin Julia Lehner hat auch schon angekündigt, dass sie nicht mehr antritt. Baureferent Daniel Ulrich überlegt es sich offenbar, ob er sich noch einmal sechs Jahre im Hamsterrad antut. Zusammen mit Vogel verliert die Stadt Nürnberg an der Spitze menschliche und fachliche Qualität in erheblichem Maß: Das kommt einem Erdrutsch gleich. Aus dem Stadtrat heraus könnten solche Positionen nicht mehr adäquat besetzt werden. Da gibt es nur noch kleines Karo und das ist zu knapp bemessen.
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