5 Monate vor der Kommunalwahl: Das Problem-ABC
Der Aufseßplatz bleibt Nürnbergs prominenteste Baustelle – auch politisch. | Foto: © Janine Beck
Sechs Probleme, die vor der Kommunalwahl gelöst sein müssen
Langsam steigt die Nervosität im Nürnberger Rathaus, denn die Kommunalwahl im März 2026 rückt näher. Bevor es der heiße Wahlkampf unmöglich macht, müssen viele Fragen, die politisch noch gelöst werden müssen, geklärt werden. Kinderklinik Hallerwiese, Aufseßplatz, Haushaltsprobleme, Magnetschwebebahn und Referenzen – ein Problem-ABC der drängendsten Wahlkampfthemen.
Aufseßplatz: Ten Brinke muss bis 17. Oktober liefern
Bis zum 17. Oktober hat die Baufirma Ten Brinke Zeit, neue Pläne für den Kaufhof-Ersatz mit mehr Wohnungen am Aufseßplatz vorzulegen.
Die Baufirma hat es mit ihrer Taktik geschafft, den kompletten Stadtrat gegen sich aufzubringen, weil ihre zögerliche Haltung zu einem kleinen See mit allen Nachteilen für die Anlieger geführt hat. Seit Jahren führt die Baufirma die Stadt vor.
Ten Brinke geht es natürlich ums Geld. Die verantwortlichen pokern um mehr Zuschüsse für den geforderten sozialen Wohnungsbau. Am 17. Oktober geht es aber nicht um Enteignung, wie es die SPD gefordert hat, sondern um die Zwischennutzung.
Die Stadt könnte dann die Genehmigung bis Ende des Jahres entziehen, dass Ten Brinke die Baustelleneinrichtung als Sondernutzung wie bisher stehenlassen kann. Alles abbauen und vorübergehend sichern, wäre eine teure Geschichte für Ten Brinke.
Die Zukunft der Cnopf'schen Kinderklinik bleibt ungewiss. | Foto: © Janine Beck
Kinderklinik Hallerwiese: Diakoneo verweigert Zahlen
Die Klinik Hallerwiese – Cnopf‘sche Kinderklinik fährt jährlich ein Millionendefizit ein und der Träger Diakoneo will das Krankenhaus deshalb an das Städtische Klinikum abgeben. Bis zu 3500 Kinder kommen in der Klinik Hallerwiese pro Jahr auf die Welt. Die Gespräche über die Übernahme laufen schon seit zwei Jahren, haben aber noch zu keinem Ergebnis geführt, denn es geht um viel Geld.
Auch das städtische Klinikum macht ein Minus. Zuletzt lag es bei rund 20 Millionen Euro. Das Minus muss von der Stadt ausgeglichen werden. Einen weiteren Verlustbringer will man deshalb in Nürnberg nicht. Es sei denn, es gibt übergeordnete Gründe. In den nächsten Jahren soll bundesweit ein Klinikkonzept umgesetzt werden, das am Ende auf weniger Krankenhäuser hinausläuft, weil nicht alle Spitzenmedizin bieten können. Das aktuelle System kann sich Deutschland nicht mehr leisten.
Kein Wunder, dass die Nürnberger Stadtspitze sich nicht auf ein Risiko einlassen will und von Diakoneo konkrete Zahlen einfordert, wie die wirtschaftliche Situation der Cnopf’sche Kinderklinik und der Klinik Hallerwiese langfristig aussieht. Es geht dabei nicht nur um Defizite im Betrieb, sondern auch um Baukosten, denn die Chopf’sche Kinderklinik wird zusammen mit der Klinik Hallerwiese erweitert.
Hier wird es spannend, denn Diakoneo, ein Sozialkonzern in Neuendettelsau, vertröstet seit Monaten die Verhandlungspartner in Nürnberg und will erst im Frühjahr einen genauen Wirtschaftsplan vorlegen.
Unterdessen wird Stimmung mit den Ängsten von Schwangeren gemacht, ob die Klinik, in der sie entbinden möchten, dies auch im kommenden Jahr noch leisten kann. Der SPD-Spitzenkandidat Nasser Ahmed hat sich schon einmal dem Thema angenommen und fordert den Erhalt, obwohl er um die Schwierigkeiten weiß, an denen vor allem Diakoneo schuld ist und von einem Nürnberger OB nicht geändert werden können. Es sei denn, es wird Geld verschwendet.
Bislang gehört die Hallerwiese zu den leistungstärksten Geburtskliniken bundesweit. Da auch die Stadt am Südklinikum eine neue Kinderklinik bauen will und viele Vorarbeiten schon erfolgt sind, ziehen sich die Verhandlungen in die Länge. Die Stadt will die Hallerwiese jedenfalls nur mit einer großen Mitgift übernehmen.
Im Sinne der Schwangeren sollte Diakoneo möglichst schnell die finanziellen Daten auf den Tisch legen. Nürnberg hat mit dem Krankenhaus in Lauf schon einmal eine defizitäre Klinik übernommen. Das Defizit tragen die Nürnbergerinnen und Nürnberger, nicht die Laufer.
Magnetschwebebahn: Söders Geschenk wird zur Last
Ministerpräsident Markus Söder wollte seiner Heimatstadt nach der letzten Landtagswahl 2023 mit der Magnetschwebebahn vom Bauernfeind zum Südklinikum über die Messe ein Geschenk machen. Es sollte gezeigt werden, wie gut das Transport System Bögl (TSB) von der Firma Bögl in der Oberpfalz funktioniert und damit eine Konkurrenz zur Straßenbahn sein kann.
Das TSB ist beim Bau günstiger als die Straßenbahn und macht Straßenspuren für Autos und Radfahrer frei. Die Freude in Nürnberg hielt sich aber in Grenzen, denn das TSB belastet erheblich das Stadtsäckel und die geplante Vorzeigestrecke schließt keine Lücke im Netz der VAG: Das Südklinikum ist mit Bussen erreichbar. Eine andere Streckenführung, etwa zwischen dem Norden und Westen, wäre für Nürnberg besser. Außerdem blieb die Zuschussfrage ungeklärt. Aktuell wird eine Machbarkeitsstudie erstellt.
Offenbar hat jetzt die Firma Bögl eine neue Firma für das TSB gegründet, so dass die Zuschussfrage geklärt ist: Diese Firma könnte sich direkt um die Zuschüsse von Bund und Land kümmern und Nürnberg müsste sich an der Finanzierung nicht beteiligen. Der Nürnberger Stadtrat bliebe außen vor.
Für Bögl hätte es den Vorteil, dass das TSB seine Alltagstauglichkeit nicht weit vom Firmensitz nachweisen kann und die Strecke schnell umsetzbar wäre. Derzeit gibt es nur zwei kurze Strecken mit dem TSB, eine im chinesischen Chengdu und eine in Sengenthal in der Oberpfalz. Allerdings wurde auch die fahrerlose U-Bahn kein Kassenschlager für Siemens. Nicht immer zahlen sich technische Innovationen aus.
Nürnberger Modell: Grüne Macht ohne Mehrheit
Innerhalb eines Stadtrats sollte nicht in Regierung und Opposition gedacht werden. Der Stadtrat ist ein Organ der Selbstverwaltung von Kommunen. Es sollte stets versucht werden, bei notwendigen Entscheidungen die beste Lösung für eine Kommune einvernehmlich zu finden. Das klingt etwas naiv. Es bedeutet aber, dass für Ideologien im Stadtrat möglichst kein Platz ist. Pragmatismus geht vor. Das ist die Idealvorstellung.
Ulrich Maly hat bei seinem Amtsantritt als OB in Nürnberg versucht, das Denken von Opposition und Regierung im Stadtrat zu überwinden. Er führte das sogenannte Stuttgarter Modell ein: Die Fraktionen im Stuttgarter Stadtrat wurden entsprechend ihrem Anteil von Stadträten an der Stadtspitze beteiligt. Deshalb entscheiden die Grünen in Nürnberg seit über 20 Jahren an der Stadtspitze mit.
Sie haben das Vorschlagsrecht für das Umweltreferat, obwohl sie offiziell nie zu einer Koalition an der Stadtspitze gehört haben. Die anderen Referate werden auf Vorschlag von SPD und CSU gewählt.
Die CSU möchte das System beibehalten, doch bislang ziert sich die SPD, ob sie erneut mitmachen will. Die Genossen träumen wohl von einer anderen Mehrheit bei der Wahl der Referatsspitzen. Da die Referenten und Referentinnen zum ersten Mal erst nach der Wahl gewählt werden, könnte es auch eine linke Mehrheit im Stadtrat geben. Die CSU geht jedenfalls schon einmal auf die Grünen zu. In den vergangenen Jahren konnten die Grünen im Umweltbereich viel durchbringen. Mehr als die Zahl ihrer Stadträte vermuten lässt.
Referentenwahl 2027: Ein Jahr ohne Chef
Die Idee von CSU und SPD war, dass der nächste Stadtrat mit politisch genehmen Referenten und Referentinnen arbeiten soll. Die Referentenwahlen sollen erst 2027, also nach der Kommunalwahl stattfinden.
Diese Repolitisierung der Stadtverwaltung hat aber das Problem, dass das Baureferat und das Kulturreferat eine Übergangslösung benötigen, weil sowohl Daniel Ulrich als auch Julia Lehner im Frühjahr 2026 aufhören. Doch Zwischenlösungen für ein Jahr sind nur schwer zu finden.
Außerdem bietet es derzeit viel Raum für Spekulationen. Wird das Kulturreferat in Einzelteile zerschlagen und wer tut sich das an, den Riesentanker Baureferat für ein paar Monate zu übernehmen? Lähmt das Interim nicht die ganze Stadtverwaltung? Selber schuld, kann man nur sagen. Die Unabhängigkeit der Stadtverwaltung wird zugunsten von politischen Liebdienern aufs Spiel gesetzt.
Sparen: Nürnberg fehlen 30 Millionen Euro
Bis zu den Haushaltsberatungen im November müssen noch 30 Millionen Euro gespart werden, damit es zumindest die Chance auf einen genehmigungsfähigen Haushalt gibt. Der Schuldenstand, so die Planung, wird im kommenden Jahr die Zwei-Milliarden-Grenze übersteigen.
Mit Einsparungen beim Personal würde der Stadtrat am schnellsten und meisten einsparen. Im Schnitt könnte sich die Stadt mit jeder gestrichenen Stelle zwischen 80.000 und 100.000 Euro im Jahr entlasten. Doch Entlassungen, da sind sich alle einige, wird es bei der Stadt nicht geben.
Helfen könnte das Einsammeln von Geldern für Projekte, die noch nicht begonnen wurden. Dann hätte man 2026 einen genehmigten Haushalt und die Projekte müssen 2027 sehen, woher das Geld kommt.
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