Was hat denn 2024 in Nürnberg geklappt? | Illustration: @ Paul Blotzki

 
 

Lokalpolitik in Zeiten globaler Krisen

Angesichts der vielen Toten und dem schier unendlichen menschlichen Leid im Libanon, in Gaza, in der Ukraine, im Sudan und an vielen anderen Orten auf der Welt, ist es fast makaber, wenn wir uns in Nürnberg über die Stadtpolitik streiten. Vor allem, wenn es kleinteilig wird. Diese Parallelität von Weltuntergang und Alltag, vom Versuch die westlichen Werte nicht erodieren zu lassen und dem Aufstieg von nationalistischen Potentaten rund um den Globus, die humanitäre Werte gezielt missachten, ist für viele Menschen schwer verkraftbar.

Dieser Konflikt lässt sich aber nicht lösen. Man muss ihn in Demut aushalten. Er schärft das Bewusstsein, wie gut es einem noch in Europa geht und, was es zu verlieren gibt.

Auch wenn das moralische Gefälle zwischen Weltgeschichte und lokaler Stadtplanung riesig ist, so ist es doch richtig, sich auf die Probleme zu konzentrieren, die man beeinflussen kann. Stadtpolitik „Ja“, weil Weichen für die nächsten Jahrzehnte gestellt werden. Angesichts der Weltuntergangsszenarien kann man sich am Ende des Jahres doch einmal freuen, dass es in vielen Bereichen in Nürnberg vorangegangen ist. Ein kleiner Überblick.

Der Innenhof der Kongresshalle. | Foto: © Janine Beck

Blätter, Zwerge und ein „Meilenstein“

Anfang Dezember wurde deutlich früher als geplant mit dem Bau des Interims für das Opernhaus, wenn dieses saniert wird, begonnen. 800 Zuschauer werden Platz haben, das ist ein Fünftel weniger als im Opernhaus am Richard-Wagner-Platz.

Das Interim war heftig umstritten, weil befürchtet wurde, dass der Neubau im Innenhof der Kongresshalle die Denkmal- und Erinnerungsqualität des gesamten Ensembles beeinträchtigt. Am Ende setzte sich das Argument, dass auch an einem Ort der Unkultur die Kultur siegt, wenn die Historizität berücksichtigt wird, durch. 2027/2028 wird der Spielbetrieb von Oper und Ballett loslegen.

296 Millionen Euro soll das Interim im Innenhof zusammen mit den Ermöglichungsräumen für die Kunst im Torso der Kongresshalle kosten. Mit dem Baubeginn wurden indirekt zwei weitere, wichtige Entscheidungen getroffen, die viele derzeit nicht mitdenken. Für die nächsten fünf Jahre wird es keine Planungen geben, wie das über 100 Jahre alte Opernhaus saniert werden kann. Vor allem deshalb, weil nicht klar ist, wie es mit dem Opernhaus langfristig weitergeht und ob das Geld für eine gründliche Sanierung in sieben oder acht Jahren überhaupt vorhanden ist. Auch sind alle Planungsaktivitäten der Stadt vorerst auf das Interim ausgerichtet.

Der stille Kubus. | Foto: © Janine Beck

Die zweite verdeckte Entscheidung: Die lange und intensive Debatte, ob ein Interim im Innenhof der Kongresshalle gebaut werden darf (Denkmalschutz) und kann (Höhe der Zuschüsse vom Land, dem Bund und der EU), hat eine zusätzliche pikante Note bekommen. Wenn die Landesregierung Zuschüsse für einen Neubau gibt, dann muss dieser auch 20 Jahre öffentlich genutzt werden, sonst muss das Geld zurückgezahlt werden. Die Bedingungen für die Fördergelder machen jede Debatte über Abriss des Interims, wenn die Oper in das alte Gebäude zurückzieht, sinnlos. Es muss stehenbleiben und genutzt werden. Es wirkt fast grotesk, dass sich die Architekten mit ihrem Verband kurz vor Weihnachten beschweren, dass der Bau des Interims nicht frei ausgeschrieben wurde, sondern nur Generalunternehmen, die einen Architekten mitbringen, zugelassen waren. Das ist eineinhalb Jahre zu spät! Dass dieses Vergabesystem auch gute Ergebnisse hervorbringen kann, macht der Bau der Johann-Pachelbel-Realschule in Nürnberg deutlich.

Wie geht es mit dem Kaufhof weiter? | Foto: @ Janine Beck

Die Innenstadt wird herausgeputzt – hoffentlich

Auch beim Kaufhof ging es schneller als erwartet. Die Stadt konnte das leerstehende Gebäude für rund 30 Millionen Euro erwerben und eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben. Die Stadt begründete ihren Kauf damit, dass sie keine jahrelange Hängepartie über die Zukunft des Gebäudes an dieser wichtigen Stelle in der Altstadt haben möchte. Die zähe Entwicklung des ehemaligen Quelle-Versandzentrums und des ehemaligen Kaufhofs am Aufseßplatz sind ein leider sehr gutes Beispiel dafür, dass private Firmen nicht unbedingt schneller sind als die öffentliche Hand.

Es gibt auch schon viele Ideen für den ehemaligen Kaufhof in der Innenstadt, die einen Nutzungsmix aus Bildung, Fortbildung, Einzelhandel und Kongressstandort vorsehen. Außerdem wurde der City-Point von der Versicherungskammer gekauft, die mit der Stadt in guten Gesprächen ist, um eine Gesamtlösung für das Umfeld von Kaufhof und City-Point auf den Weg zu bringen.

Mehr Grün und mehr Leben für die Breite Gasse. | Visualisierung: © Alexander Tschopoff

2026 wird die Stadt Nürnberg loslegen, die Breite Gasse aufzuwerten. Zuerst einmal muss aber der aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammende Kanal ersetzt werden.

Es wird spannend werden, was alles von den Vorschlägen, die eine Aufwertung der Breiten Gasse für Familien vorsehen, umgesetzt werden kann. Das Geld ist knapp sowohl beim Einzelhandel als auch bei der Stadt. Wer pflegt etwa die Ruhezonen, die von den Touristen und Einheimischen in der Innenstadt gewünscht werden?

Dass in diesem Zusammenhang Grüne und CSU auch noch Baumreihen auf den Hauptmarkt pflanzen wollen, wirkt gerade zu surreal: Der Platz ist jetzt schon übernutzt und es gibt keinen Raum für Bäume. Bäume sind wichtig und schön in einer Stadt, aber sie müssen nicht in der guten Stube Nürnbergs stehen. Es gibt so viele kleine Plätze, die Bäume gut vertragen könnten und viele kaputte Bäume in den Baumscheiben müssten ersetzt werden. Auf dem Hauptmarkt braucht es das nicht. Als Sonnenschutz taugen sie dort nicht. Für eine grundlegende Platzsanierung fehlt außerdem das Geld.

Das neue Stadion soll im Ligabetrieb eine Kapazität von bis zu 50.000 Plätzen bieten und sowohl Spitzensport als auch Breitensport fördern. | Illustration: © Paul Blotzki

Nürnberg plant groß

Opernhaus-Interim, Kaufhof, City-Point und auch beim Neubau des Stadions wurden die ersten Schritte unternommen, dass in einigen Jahren eine moderne Fußball-Arena realisiert werden kann. Das größte Problem ist, wie kann der 1. FC Nürnberg seinen Eigenanteil von 30 Millionen Euro aufbringen? Die herrschende wirtschaftliche Flaute wird es nicht einfacher machen. Auch beim Club sind kreative Ideen gefragt.

Für kleine Teile des Knoblauchslandes wurden lange umstrittene Bebauungspläne für eine Wohnbebauung beschlossen. Neue Wohnsiedlungen sollen dann nicht mehr genehmigt werden. Auch an der Radrunde wurden die ersten Bäume gefällt, so dass demnächst mit dem Bau von immer noch dringend benötigten Wohnraum begonnen werden kann.

Ach Übrigens: Nach zehn Jahren Hin- und Herschieben wurde die längst überfällige Sanierung des Obstmarkts begonnen. Noch sieht man nichts, denn es laufen erst die Voruntersuchungen. 

Alles Gute für 2025!

 

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