Nürnberg finanziert Stadion und Tribüne – mit geborgtem Geld
Überzeichneter Kulturhaushalt, blockierte Projekte: Fast wäre die Tribünen-Sanierung gescheitert. Jetzt zahlt Berlin doch – 28 von über 80 Millionen. | Foto: Janine Beck
Vier Themen, die Nürnberg bewegen: Der Bund zahlt doch 28 Millionen für die Tribüne, die Stadt finanziert das Stadion mit verschobenen Schul-Investitionen, im Rathaus wird über die Verwaltungsreform diskutiert – und der Hauptbahnhof ist sicherer geworden.
Die Tribünen-Finanzierung: Bund zahlt doch 28 Millionen
In den jüngsten Kolumnen habe ich Alarm geschlagen, dass sowohl der Stadionumbau/Stadionneubau aus der mittelfristigen Investitionsplanung herausfallen könnte als auch, dass der Bund seinen Beitrag zur Sanierung der ehemaligen Reichsparteitagstribüne stoppt.
In beiden Fällen geht es um Geldmangel, um was sonst? Der Staat hat nie genug.
Im Falle der Tribüne hat es im Grunde schon vor längerer Zeit zwischen der Stadt Nürnberg und Berlin eine Einigung gegeben. Berlin hält jetzt doch seine Zusagen ein, nachdem es zuletzt massive Zweifel gegeben hat.
Alles andere wäre ein neuer Fall für Schilda: Bund, Land und Stadt beginnen ein historisch wichtiges Sanierungsprojekt und während des laufenden Verfahrens steigt der Bund einfach aus, nachdem er zugesagt hat, dass er ein Drittel der Sanierungskosten, insgesamt sind es etwas über 80 Millionen Euro, finanziert.
Baustelle Kongresshalle am 21. November 2025: Offen ist, ob der Bund die Kulturstiftung für den Betrieb mitträgt – oder aussteigt. | Foto: Janine Beck
Kulturhaushalt blockiert Projekte
Der Grund, warum es so eng geworden war und es tatsächlich noch einmal spannend wurde, liegt an dem völlig überlasteten Kulturhaushalt: Anfang des Jahres hatten die scheidenden Bundestagsabgeordneten „ihre“ Projekte noch schnell in den Haushalt eingestellt, so dass kaum noch finanzieller Spielraum für die Vorhaben der neu gewählten Bundestagsabgeordneten vorhanden war.
Es konnte nicht alles in den Haushalt während der Sitzungen des Haushaltsausschusses untergebracht werden. Er war massiv überzeichnet.
Offen ist noch, wie es mit der Stiftungsgründung für die Kulturstiftung, die die Kongresshalle betreiben soll, ausgeht. Macht der Bund mit oder bleibt Nürnberg mit Hilfe von Bayern allein?
Seien wir ehrlich: Nürnberg hat selbst in Bayern nicht nur Freunde, denn es wurde und wird vom Ministerpräsidenten Markus Söder aus Nürnberg immer wieder bedacht.
Wohlgemerkt, das ist nicht zu kritisieren, denn der Nachholbedarf ist seit, ja, seit 200 Jahren sehr groß. Aber es könnte bei einigen Zeitgenossen aus konkurrierenden Städten doch an Fairness gegenüber Nürnberg fehlen.
Nürnberg verschiebt genehmigte Investitionen – etwa für das Behaim-Gymnasium – um das Stadion zu finanzieren. 2029 kommt die Rechnung. | Foto: Janine Beck
Der Stadion-Trick: Schul-Millionen als Puffer
Beim Stadion war es ebenfalls knapp. Die Stadt hat einen Kunstgriff angewandt und Haushaltsmittel, die in diesem Jahr noch nicht wie geplant für Investitionen ausgegeben wurden, aus welchen Gründen auch immer, und die in den nächsten drei Jahren geschoben werden können, für das Stadion in den städtischen Haushalt eingestellt werden.
Behaim-Geld fließt ins Stadion: Die Verschiebung der Investitionen
Beispielsweise die finanziellen Mittel für den Neubau des Behaim-Gymnasiums, die derzeit nicht benötigt werden, weil nicht gebaut werden kann. Sie können vorübergehend an das Stadion-Projekt gebunden werden.
Nachdem es sich aber neben dem Behaim-Gymnasium auch um andere genehmigte Investitionsvorhaben in Schulen, Straßen und Brücken handelt, kommt spätestens 2029 die Rechnung – im vierten Jahr des mittelfristigen Investitionsplans, der über vier Jahre geht.
2029 kommt die Rechnung: Der Investitionsplan ist unterfinanziert
Dieses Einsammeln von nicht ausgegebenen Geldern, weil Projekte zwar genehmigt sind, aber aus den verschiedensten Gründen zeitweilig nicht weitergehen, wird im Übrigen nicht nur auf das Stadion angewendet, sondern auch auf andere Haushaltslücken.
Aber bedenket das Ende bei dieser Form von Haushaltsdeckung: Der mittelfristige Investitionsplan für die nächsten vier Jahre ist deutlich unterfinanziert. Was beschlossen ist, muss auch einmal finanziert werden.
Prestigeprojekte sind kaum dabei, wie immer behauptet wird. Ein modernes Fußballstadion ist in einem Wirtschaftsraum von 1,5 Millionen Menschen kein Luxusgut – meiner Meinung nach.
Nach der Kommunalwahl 2026 wird neu verteilt: Welches Referat bekommt welche Zuständigkeit? Im Rathaus wird bereits über die Neuordnung der Verwaltung diskutiert. | Foto: Janine Beck
Nach der Kommunalwahl: Wer bekommt welches Referat?
Im Rathaus werden aber nicht nur Einsparmöglichkeiten diskutiert, sondern auch, wie die künftigen Zuständigkeitsbereiche in der städtischen Verwaltung nach der Kommunalwahl im März 2026 aussehen werden.
Das kann natürlich erst nach dem Wahlergebnis im Frühjahr festgelegt werden, wenn feststeht, wer stärkste und zweitstärkste Fraktion im Stadtrat werden. Aber Pläne machen darf man schon. Das lange Interim an der Spitze der Bauverwaltung und im Kulturreferat, weil Daniel Ulrich und Julia Lehner ausscheiden, kann nicht eineinhalb Jahre ausgesessen werden.
Es ist offenkundig, dass sich die Umweltreferentin und Grüne OB-Kandidatin Britta Walthelm derzeit auch für das Kulturreferat interessiert. Nur vorübergehend oder auf Dauer, in Form einer Zusammenlegung? Träumt sie schon den Bürgermeisterinnentraum?
Zusammenpassen würden auch die Bauverwaltung mit SÖR, dem Servicebetrieb öffentlicher Raum. Bislang ist SÖR, das vor allem die Planungen der Stadtverwaltung umsetzen soll, von der planenden Baubehörde getrennt.
Die Trennung gelingt nicht immer und manchmal wird doppelt oder sehr umständlich geplant. Zusammenpassen würde auch die Bauverwaltung mit dem Umweltreferat. Das hatte Alt-OB Ulrich Maly den Grünen in den Nullerjahren angeboten. Sie wollten aber nicht. Die Praxis ist immer ein Feind der schönen Theorie.
Umweltreferat bremst Planung
Offen will es keiner zugeben, aber das Umweltreferat nimmt die Dinge sehr genau, unter der Hand heißt es bei der Stadt: Zu genau, so dass mancher Planungsprozess doch sehr langsam abläuft.
Ein weiteres Verlangsamen der Bauabläufe, weil Referate zusammengelegt werden, kann niemand organisatorisch als Fortschritt verkaufen. Vielleicht gibt es auch ein neu konzipiertes Zukunftsreferat? Das klingt doll, aber bringt es die Stadt voran, die vor allem den Alltag ihrer Einwohner gut organisieren soll, damit es sich gut in Nürnberg leben lässt.
Oder werden Gesundheit und Mobilität zusammengelegt? Diese Teilsegmente der öffentlichen Verwaltung klingen alle interessant. Aber trotz des guten Klanges sind die Gestaltungsmöglichkeiten eher gering. Auch die zurückgestellten Bereiche müssen berücksichtigt werden.
Der Nürnberger Hauptbahnhof ist nicht mehr unter den gefährlichsten Bahnhöfen Deutschlands – doch positive Nachrichten gehen in der Debatte um Merz' Städte-Kritik unter. | Foto: Janine Beck
Positive Nachricht: Hauptbahnhof Nürnberg sicherer
Gibt es noch neue Fakten, über die sich die Bürger freuen? Wenn Bundeskanzler Merz über die dunkle Seite von Städten schwadroniert, dann ist das ein Ereignis und wird in den Medien in allen Facetten durchdekliniert wie ein lateinische Grammatikübung. Dabei fallen die positiven Entwicklungen in Nürnberg unter den Tisch: Der Nürnberger Hauptbahnhof taucht nicht mehr auf der Liste der gefährlichsten Bahnhöfe Deutschlands auf.
Nürnberg finanziert das Stadion mit Geld für Schulen, Straßen und Brücken. 2029 müssen diese Projekte nachfinanziert werden – der Haushalt ist jetzt schon unterfinanziert.